7. Lehenbuch
Das Lehenwesen hat schon in der Karolingerzeit seine Ausprägung erfahren und beinhaltet, dass ein Vasall (ursprünglich aus dem Adel oder Ministerialität) dem Lehenherrn Kriegs- oder Verwaltungsdienste leistet und dafür vom Herrn Besitzungen zur Nutzung übertragen erhält. Das Lehenband währt auf beider Lebenszeit und fußt auf gegenseitiger Treue. Erst relativ spät, um 1300, vollzog das Lehenwesen den Übergang zur Schriftlichkeit. In Bayern begegnen zuerst die Lehenbücher, während nur für besonders bedeutende Belehnungen eine Lehenurkunde ausgestellt wurde. Das Lehenbuch ist primär ein Lehenprotokoll, das bei Herrenfall (Tod des bisherigen Lehenherrn) neu angelegt wird, um alle Belehnungen aufzunehmen, die nach Lehenrecht binnen einem Jahr vorzunehmen waren. Diese bilden in der Regel einen abschriftlichen Grundstock. Erst ab dem 15. Jahrhundert werden beim Belehnungsvorgang regelmäßig Lehenurkunde und Lehenrevers (Gegenurkunde) zusätzlich ausgefertigt.
Erläuterung: Gezeigt wird eine Seite aus dem Lehenbuch Herzog Albrechts V. von Bayern für die Ritterlehen in den Rentämtern München und Burghausen. Nachdem sein Vater, Herzog Wilhelm IV., im März 1550 verstorben war, begann der Nachfolger Albrecht an Martini 1550 mit den Neubelehnungen, denn durch den Tod des Lehenherrn waren alle bisherigen Lehenbande erloschen. Als Überschrift ist der Name des belehnten Adeligen gewählt; darunter steht der Belehnungseintrag, der sich auf den Sitz Brandstätt (Stadt Wasserburg, Lkr. Rosenheim) bezieht. Dieser erste Eintrag bei Anlage der Handschrift ist in besonders schöner Schrift geschrieben und bildet den Grundstock. Die Folgeeinträge (Belastungen des Lehenguts, Tod des Vasallen) erfolgten oft erst nach vielen Jahren aus aktuellem Anlass und in protokollarischer Form (Handwechsel, Tintenwechsel). Der Vermerk rechts unter dem ersten Eintrag ist wie folgt aufzulösen: „Habet litteras et dedit reuerß“ (Hat den Lehenbrief empfangen und einen Reversbrief gegeben).
Transkription:
„Sigmund Egkstetter
Hat zu lehen empfanngen den sitz Pranntsteten mitsambt den dreuen guetlen daselben in Wasserburger herschafft gelegen. Actum Munchen den anndern tag marcii anno etc. 51. Habet litteras et dedit reverß
Nachdem hievor gedachtem Sigmunden Egkhsteter vergundt unnd bewilligt worden, zu hindann enntrichtung seiner schwestern siben unnd dem Rueprechten Höller zwen gulden jerlicher gult auf ablosung zu verschreiben, welhe er anyetzt abgelöst, unnd verrer wilbrief gegeben, dass er solche neun gulden Micheln Tobler, in der hofmarch Ättl sesshafft, unnd seinen erben auf den sitz Branndsteten und den darzue gehörigen dreien guetern verschreiben möge. Actum Munchen den XVIII januarii anno etc. LXIten [Eintrag gestrichen, erklärender Vermerk am Rand:]
Dise gült ist durch den Eckhsteter selber abgelöst und der brief cassiert worden und durch den Hansen Ligsalzen also antzeigt worden, so anyetzt den sytz erkhaufft. Actum den 17 marty anno etc. 86
Item nach absterben obvermellts Sigmunden Eckhstetters haben seine gelassne zwai khinder mit namen Wolf Cristoff unnd Maria durch iren vormunder Tristrannten Getzengrien, f(ürstlichen) rat unnd pfleger zu Mospurg, obvermellte stuckh empfanngen. Actum Munchen den sechsten maii anno etc. 70ten. Habet littras et d(edi)t reuerß
Vermellter Wolf Cristoff Eckhsteter hat sein schwester Maria hinthan entricht und den sitz Pranntstet auf sich allain empfanngen. Actum Munchen den achten octobris anno etc. 77ten. Habet litras et d(edi)t reuerß