20. Handgezeichnete Karte
Es ist nicht selbstverständlich, dass handgezeichnete Karten zur Unterstützung verschiedenster administrativer und judikativer Tätigkeiten verfertigt wurden. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts begann man in wenigen Einzelfällen sehr schematische, skizzenartige Karten zu zeichnen. Nach 1510 wurden diese durch farbenprächtige, von ausgewiesenen Malern gefertigte Landschaftsgemälde abgelöst, die in der Regel in einer Vogelschau ein durchaus realistisches Abbild der fraglichen geographischen Situation boten. Einen Quantensprung bildete die Einführung der geometrischen Messung als Grundlage der Kartenherstellung. Die ersten so entstandenen Karten datieren aus dem ausgehenden 16. Jahrhundert, nachdem Philipp Apian hierzu die Grundlagen geschaffen hatte. Nun war die Karte als Hilfsmittel bei Gericht, zur Grenzfestlegung, beim Wasserbau, im Forst- und Jagdwesen und bei vielen anderen Gelegenheiten nicht mehr wegzudenken. Insbesondere die Grenzkarten hatten einen hohen Stellenwert, indem sie die beiden Grenznachbarn auf die in der Karte festgehaltene Grenzziehung verpflichteten.
Erläuterung: Im Juni 1785 hatten Kurpfalz-Bayern und das Hochstift Augsburg einen Vergleich über die zwischen beiden Territorien schwebenden Grenzfragen geschlossen. Ein Augsburger und ein bayerischer Geometer wurden beauftragt, entsprechend dem Vergleich eine neue Grenzkarte des Gebietes zwischen der kurbayerischen Herrschaft Mindelheim und dem Hochstift augsburgischen Pflegamt Pfaffenhausen zu zeichnen. Die Kommissäre Kurpfalz-Bayerns und des Hochstifts Augsburg unterschrieben und siegelten die Karte (rechts unten), die genau die Standorte der 4 Hauptgrenzsteine und der 40 sog. Läufer (kleinere Grenzsteine) nachwies. Selbstverständlich wurden mehrere Exemplare der Karte hergestellt, damit beide Seiten die benötigten Karten in Händen hatten. Es ist kennzeichnend für das ausgehende Rokoko, dass die Karte einen prächtigen, gemalten Rahmen erhielt.
Maße: 41,4 x 56,5 cm.
Kartentitel: „Gränz-Karte über das an die kurpfatlz-baierische [!] reichsherrschaft und pfleggericht Mindelheim angränzende hochstüft augspurgische pflegamt Pfaffenhausen und derselben gränzen. Wie solche nach innhalt dess im jahre 1785 getroffenen vergleichs zwischen seiner kurfürstlichen durchlaucht zu Pfatlz-Baiern [!] und den fürstlichen hochstüft Augspurg von der beederseits gnädigst abgeordneten cummulativcommission ausgemarket und in derselben, dann deren beederseitigen beamten, förstern, jägern und unterthannen gegenwart von dem augspurgischen lieutenant (titl.) von Eppele von Hartenstein nach specialer anbfehlung der wohllöblichen commission in anwesenheit dess kurpfallz-baierischen ingenieurs, landmessers und wasserbaumeisters Lindauer gemessen, von letzteren aber hiehero gezeichnet wurde, im jahre 1786.“