In welchem Archiv beginne ich meine Forschungen?
Wichtig ist, sich vor dem Beginn der Forschung in Archiven mit der vorhandenen Literatur zu seinem Thema auseinanderzusetzen. Meist findet man dort auch schon Hinweise auf Bestände in Archiven.
Einen ersten Einstieg in die Zusammenhänge der Bayerischen Geschichte bietet beispielsweise das „Historische Lexikon Bayerns“.
1. Familienforschung: Am besten beginnt man zu Hause mit dort vorhandenem Wissen und Dokumenten wie Geburts-, Tauf- und Sterbeurkunden oder Fotos. Nun arbeitet man sich von Generation zu Generation zurück, ohne eine zu überspringen. Nächste Anlaufstelle ist das örtliche Gemeinde- oder Stadtarchiv und die dort verwahrten Unterlagen der Standesämter. Auf diese Weise kann man bis 1876 – in diesem Jahr wurden die Standesämter in Bayern eingeführt – zurückkommen. Vor den Standesämtern schrieben die lokalen Pfarrämter Geburten bzw. Taufen und Todesfälle in ihren Kirchen- und Sterbebüchern auf. Die Kirchenbücher liegen heute in den Diözesanarchiven für die katholische Kirche oder im Landeskirchlichen Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche oder in den Pfarrämtern. Mit Glück ist man damit bis ins 17. Jahrhundert zurückgekommen. Erst wenn man alle Personenstandsregister und Kirchenbücher durchforscht hat, kann man sich an die Auswertung weiterer Quellen in staatlichen, kommunalen oder kirchlichen Archiven machen.
Falls man weiß, dass ein Angehöriger der bayerischen Armee (bis 1919) angehört hat, kann man in den Kriegsstammrollen einen Eintrag finden. Die Kriegsstammrollen werden in der Abteilung Kriegsarchiv des Hauptstaatsarchivs verwahrt und sind inzwischen vollständig digitalisiert und durchsuchbar. Wenn man von zu Hause aus in den Kriegsstammrollen forschen möchte, ist das möglich, das Angebot ist allerdings kostenpflichtig: https://www.ancestry.de/
Falls ein Angehöriger im bayerischen Staatsdienst war, findet man vielleicht in einem staatlichen Archiv noch seinen Personalakt (z.B. für Lehrer an einem bayerischen Gymnasium).
2. Orts- und Heimatgeschichte: Am besten beginnt man im Gemeinde- oder Stadtarchiv und setzt seine Forschungen im zuständigen Staatsarchiv und in kirchlichen Archiven fort. Erst wenn man diese Stationen passiert hat, ist es sinnvoll, nach älteren Quellen im Bayerischen Hauptstaatsarchiv zu forschen.
3. Schulgeschichte: Wenn man die Geschichte der eigenen Schule erforscht, beginnt man am besten im Gemeinde- oder Stadtarchiv bzw. im Archiv des jeweiligen Schulträgers (z.B. bei kirchlichen Schulen).
In Bayern gab es 2018 allein 424 Gymnasien; sämtliche Unterlagen aller Gymnasien bzw. aller Schulen in den staatlichen Archiven aufzuheben, ist unmöglich. Daher werden bestimmte Schulen ausgewählt, deren Unterlagen in die Staatsarchive übernommen werden. Archivare nennen dieses Vorgehen „Bildung einer Musterüberlieferung“. Schulen, deren Akten vom zuständigen Staatsarchiv nicht übernommen werden, können ihre Unterlagen unter bestimmten Bedingungen auch einem Kommunalarchiv anbieten. Zu staatlichen Gymnasien gibt es in der Regel zusätzliche Schulakten und Personalakten des Kultusministeriums im Bayerischen Hauptstaatsarchiv.
4. Geschichte der Region: Auch hier gilt die Reihenfolge Kommunalarchive, Staatsarchive, Hauptstaatsarchiv.
Unterlagen in Archiven sind erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts getippt oder gedruckt. Vorher ist alles handschriftlich niedergelegt, diese Schriften muss man lesen können. Im Internet verfügbare Schriftkunden und Einführungen bieten Hilfestellungen beim Umgang mit der Schrift vergangener Zeiten (z.B. www.gda.bayern.de/DigitaleSchriftkunde/, https://www.adfontes.uzh.ch/).
Was um alles in der Welt ist ein „Ablegat“? In den Quellen (und älteren Verzeichnissen dazu) werden oft Begriffe verwendet, die heute nicht mehr gebräuchlich sind. Hier ist es am besten, einen Archivar oder eine Archivarin zu fragen. In den meisten Archiven gibt es auch eine kleine Handbibliothek mit gebräuchlichen Nachschlagewerken. Viele davon sind inzwischen online verfügbar, z.B. das Fremdwörterbuch von Johann Christian August Heyse. Etwas schwieriger zu benutzen, aber ebenfalls im Internet abrufbar, ist das Bayerische Wörterbuch von Johann Andreas Schmeller. Das Rätsel um den „Ablegat“ lässt sich so lösen: das ist ein Abgesandter.
Bei der Auflösung älterer Datumsangaben, wie z.B. „Sontag nach Oculi“ hilft der „Grotefend“ (Hermann Grotefend, Taschenbuch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit. Der Sonntag nach Oculi ist der Sonntag nach dem dritten Sonntag in der Fastenzeit (also eigentlich Laetare), im Jahr 1468 (Beispiel 2a) war Oculi am 20.3., der Sonntag danach wäre der 27.3.1468.