Herzogtum/Kurfürstentum Bayern (1507-1802/03)
Die Altbestände des Staatsarchivs Landshut spiegeln im wesentlichen jene Behördenorganisation wider, die von den bayerischen Herzögen bzw. Kurfürsten nach der Wiedervereinigung der Teilherzogtümer Bayern-München und Bayern-Landshut und nach Erlass des Primogeniturgesetzes im Interesse einer einheitlichen Landesverwaltung auf mittlerer und unterer Behördenebene seit 1506 errichtet wurde.
Diese Verwaltungsreform bedeutete eine Neugliederung des Herzogtums in die vier Rentmeister- oder Rentämter München, Burghausen, Landshut und Straubing, die bis 1799/1802 Bestand hatte, wobei München und Burghausen (bis 1779 unter Einschluss des Innviertels) das "Oberland", Landshut und Straubing das "Unterland" bildeten. Auf der territorialen Grundlage dieser Einteilung entstanden seit Beginn des 19. Jhs. in der Hauptsache auch die modernen Regierungsbezirke Ober- und Niederbayern.
Das Staatsarchiv Landshut ist zuständig für die Mittel- und Unterbehörden des ehemaligen Unterlands (nach dem Stand vor den durch die Auflösung von Regierung und Rentamt Landshut 1779 und deren Wiedererrichtung 1784 eingetretenen Änderungen), somit auch für heute zu Oberbayern bzw. der Oberpfalz gehörende Gebiete: die ehemaligen Pfleggerichte Erding (mit Dorfen), Moosburg (mit Isareck), Neumarkt a.d. Rott und Wolnzach (Oberbayern) des Rentamts Landshut sowie Cham, Dietfurt a.d. Altmühl, Furth i. Wald, Haidau (mit Pfatter), Kötzting und Stadtamhof (Oberpfalz) des Rentamts Straubing, nicht jedoch für die heute im Regierungsbezirk Niederbayern liegenden ehemaligen Pfleggerichte Abensberg, Mainburg, Neustadt a.d. Donau und Riedenburg. Gleichfalls nicht zuständig ist das Staatsarchiv für die in Niederbayern gelegenen beiden reichsunmittelbaren Territorien, das Hochstift Passau und die Grafschaft Ortenburg, und auch nicht für die 1802/03 aufgehobenen mediaten Klöster und Stifte in seinem Sprengel. Diese Bestandsgruppen werden für Ober- und Niederbayern im Bayerischen Hauptstaatsarchiv verwahrt.
Die Überlieferung der Mittelbehörden im Rentmeisteramtsbezirk Landshut nimmt durch Umfang und inhaltliche Bedeutung des Schriftguts den ersten Rang unter den Altbeständen des Staatsarchivs ein. Der Bestand Regierung Landshut umfasst etwa 22.000 Akten, Bände und (aus Akten entnommene) Urkunden. Obwohl für Justiz und Verwaltung gleichermaßen zuständig, schlägt sich die schriftliche Überlieferung der Regierung Landshut überwiegend als Hofgericht nieder, das in zweiter Instanz Appellationsgericht und in erster Instanz Gerichtsstand für einen privilegierten Personenkreis (Adel, Prälaten,Städte und Märkte als juristische Personen) war. Der Bestand enthält neben der Masse der Zivilprozessakten auch Bändeserien von Tagsatzungsregistern, Haderbüchern, Rezessbüchern und Dekretenbüchern. Eine eigene Registratur führte offenbar der Regierungskanzler; von ihr wurden bisher 100 Akten (1,20 lfm) ermittelt. Die Aufsicht der Regierung über das Kirchenwesen wurde 1769 einer eigenen Kirchendeputation Landshut übertragen. Deren ca. 1750 Akten sowie einige wenige Rechnungen betreffen Bauwesen, Ausstattung und Darlehensvergabe der sog. landgerichtischen Kirchen. Vom Fiskalamt Landshut sind ca. 350 Akten (8,60 lfm) vorhanden. Im Bestand Rentmeisteramt Landshut dokumentiert sich die bedeutende Funktion des Rentmeisters als Aufsichtsorgan über alle Bereiche des Finanzwesens, der Verwaltung und der Rechtspflege. Der Bestand enthält neben den Akten Rechnungen, Amtsbücher wie Urbare und Stiftbücher sowie die Umrittsprotokolle und einige Briefprotokolle (ca. 1200 Amtsbücher und 3600 Akten erfasst; die im Bestand enthaltenen Umrittsprotokolle umfassen auch die revidierten Exemplare, die bei der Hofkammer angefallen sind und ebenso auf der Burg Trausnitz einer Dezimierung unterworfen wurden; die Rentmeisterrechnungen befinden sich in der Hofkammerserie der Ämterrechnungen, vgl. unten).
Die vielleicht nur nach ihrer räumlichen Unterbringung auf der Burg Trausnitz so genannte Herzog Georgische Registratur (fast nur 16. und 17. Jh. mit 634 Akten, ca. 3 lfm), ursprünglich ein Sonderbestand innerhalb der Registratur des Landshuter Rentmeisters, ist nunmehr mit dieser vereinigt. Die Rechnungen des dem Rentmeister beigegebenen Landschreibers (einschließlich der Revisionsexemplare) befinden sich in der Hofkammerserie der Ämterrechnungen. Vom Lehenpropstamt Landshut sind Lehenbücher und -protokolle, Rechnungen sowie Akten (1580 AE) erhalten. Von dem bis 1790 auch für das Rentmeisteramt Straubing, dann nur mehr für Landshut zuständigen Forst- und Wildmeisteramt Landshut liegen 280 Rechnungen, 5 Amtsbücher und 313 Akten (Gesamtumfang 6 lfm) vor.
Die aus früheren Hofämtern hervorgegangenen Landshuter Kleinbehörden (Hofbauamt, Fischmeister-, Futtermeister-, Holzmeister-, Kammermeister-, Hofkeller- und Heumeister- sowie Küchenmeisteramt) umfassen zusammen 127 Archivalieneinheiten.
Als Unterbehörden innerhalb der Rentmeisterämter Landshut und Straubing fungierten die ursprünglich nur für Justiz und Verwaltung zuständigen Pfleggerichte, denen 1763 die vorher selbständigen Kastenämter (zuständig für die Verwaltung der landesherrlichen Urbargüter), Forst- und Mautämter angegliedert wurden. Nach dem Stand bis 1779 wurden somit für den Bereich des Rentamts Landshut die Bestände folgender Pfleggerichte gebildet:
Dingolfing (mit Reisbach), Eggenfelden, Eggmühl, Erding (mit Dorfen), Griesbach i.R., Hals, Kirchberg, Landau a.d. Isar, Moosburg (mit der Herrschaft Isareck), Natternberg, Neumarkt a.d. Rott, Osterhofen, Reichenberg bzw. Pfarrkirchen, Rottenburg a.d. Laaber, Teisbach, (Vils)Biburg (mit Geisenhausen), Vilshofen und Wolnzach. Die Pfleggerichtsbestände sind gegliedert nach Archivalientypen in Amtsbücher (Grenzbeschreibungen, Grund- und Steuerbücher, Scharwerksregister, Stift- und Zehnteinnahmebücher u.a.), Brief- und Verhörsprotokolle (bei diesen ursprünglich als Selekt aufgestellten Serien große Verluste durch den Brand von 1961), Rechnungen und Akten (zusammen ca. 8600 AE). Der umfangreichste dieser Bestände ist der des Pfleggerichts (Vils)Biburg (1293 Amtsbücher und 938 Akten), das eine besonders dichte Überlieferung an Rechnungen und Briefprotokollen aufweist. Aus den Unterbehörden ist hervorzuheben das Hofkastenamt Landshut, das ursprünglich die dortige Hofhaltung zu versorgen hatte und daher für einen größeren Bereich (Pfleggerichte um Landshut) als die übrigen Kastenämter zuständig war. Der Bestand enthält 362 Rechnungen in mehreren Serien, 184 Brief- und Verhörsprotokolle, 151 sonstige Bände und 249 Akten. Spezialbehörden (Salzamt St. Nikola, Lokalschulkommission Landshut, Straßenbauinspektion Landshut, Wasserbau-Deputation Landshut, Zollämter Ampfing, Landshut, St. Nikola, Plattling, Vilshofen) ergänzen mit ihren kleinen Beständen (ca. 60 AE; vermutlich nur Reste nach größeren Vernichtungen zu Beginn des 19. Jhs.) das Schriftgut der vorgenannten Unterbehörden.
Wegen des kleineren Sprengels des Rentmeisteramts Straubing mit seinen dünn besiedelten Pfleggerichten im Bayerischen Wald, wahrscheinlich aber auch aufgrund größerer Kassationsmaßnahmen zu Beginn des 19. Jh. ist die Schriftgutüberlieferung fast aller Straubinger Mittelbehörden geringer als die der Landshuter. Der Bestand Regierung Straubing besteht aus 8200 Akten, Bänden (Amtsbücher, Protokolle, Rechnungen) und aus Akten entnommenen Urkunden. Von der Kirchendeputation Straubing sind bisher ca. 930 Akten und 5 Rechnungen formiert. An kleineren Straubinger Mittelbehörden sind zu erwähnen das Fiskalamt Straubing mit ca. 370 Akten im Umfang von 10 lfm, das Lehenpropstamt Straubing mit 103 Akten und ca. 200 Amtsbüchern sowie der Sonderbestand Fuchssteinische Lehenverwaltung (45 Akten). Anders als in Landshut war in Straubing das Rentmeisteramt (seit 1779 Kameralrentdeputation Straubing) mit dem Hofkastenamt im Rentkastenamt Straubing vereinigt. Dieser Bestand ist bemerkenswert durch seine umfangreiche Serie der vom Rentmeister revidierten unterbehördlichen Ämterrechnungen, die mit ihren insgesamt ca. 3600 Bänden mit nur geringen Lücken fast den gesamten Rentamtsbezirk abdecken. Dazu sind 19 Umrittsprotokolle (Überlieferung Hofkammer, für das Rentmeisteramt Landshut vgl. oben), 175 Briefprotokolle, 168 Sal-, Lager- und Scharwerksbücher, Stift- und Giltregister sowie 1427 Akten vorhanden.
Für den Bereich des Rentmeisteramts Straubing sind an unterbehördlichen Beständen zu nennen die der Pfleggerichte Abbach, Bärnstein, Cham, Deggendorf, Dießenstein, Dietfurt a.d. Altmühl, Haidau (mit Pfatter), Hengersberg (mit Winzer), Kelheim, Kötzting, Mitterfels, Neukirchen (mit Eschlkam), Regen, Schwarzach, Stadtamhof, Straubing, Viechtach (mit Linden) und Zwiesel (mit Weißenstein).
Diese Pfleggerichtsbestände sind ebenso wie die des Rentmeisteramts Landshut nach Archivalientypen gegliedert (zusammen ca. 7380 AE; große Brandverluste bei den früher als Selekt aufgestellten Briefprotokollen).
Ergänzend dazu kommen noch die Spezialbehörden (Forstmeisterämter Kelheim, Straubing und Zwiesel, Zollämter Kelheim und Straubing, Salzamt Straubing, Bräuamt Kelheim und Kufwerks-Inspektionsamt Zwiesel) mit ihren kleinen Beständen (255 AE).
Eigene Selekte bilden zwei Rechnungsserien mit dem Titel Kurbayern Hofkammer - Ämterrechnungen, unterteilt für die Rentmeisterämter Landshut und Straubing, und Kurbayern Geistlicher Rat - Kirchen- und Stiftungsrechnungen, ebenfalls unterteilt für die Rentmeisterämter Landshut und Straubing (1507-1803/08 mit großen Lücken durch Dezimierungen, zusammen ca. 14.300 Bände). In ihnen finden sich die Rechnungsexemplare der Mittel- und Unterbehörden ab 1507, die zur Revision an die Hofkammer bzw. den Geistlichen Rat nach München eingesandt worden waren. Der zunehmenden Masse dieser Rechnungen wurden die Zentralbehörden im Laufe des 18. Jh. durch die Verlagerung nicht mehr benötigter Exemplare nach Landshut Herr. Dort bildeten sie den Grundstock des "Rechnungsarchivs". Jetzt dienen sie der Ergänzung der in den Staatsarchiven München und Landshut nur unvollständig überlieferten Serien und sind nach den Sprengeln der alten Rentamtsbezirke auf diese aufgeteilt. Einen eigenen Selekt bilden die hier (nicht vollständig) vorhandenen Exemplare der Anlagsbücher von 1760ff. mit ca. 300 Bänden.
Neben den Registraturen der landesherrlichen Behörden steht das Schriftgut der Bayerischen Landschaft (Prälaten, Ritter, Städte und Märkte), in deren Kompetenz die Bewilligung und Erhebung von Steuern und Aufschlägen fielen. Vorhanden und zur Zeit in Bearbeitung ist die Registratur der Landschaftsverordnung Unterlands mit ca. 900 Akten und 1200 Bänden, u.a. Landtagsbeschreibungen von 1514 bis 1669. Daneben existiert als Selekt der Bestand der Hauptsteuerbeschreibungen bzw. -bücher von 1612 und 1721.