Justiz
Ältestes oberinstanzliches Gericht des 19. Jahrhunderts im heutigen Regierungsbezirk war das für die Provinz Oberpfalz zuständige Hofgericht Amberg (1802–1808), für das bisher nur ein kleiner Bestand gebildet werden konnte (46 Akten, 2,2 lfm). 1335 (56,6 lfm) Akten umfasst der Aktenbestand des Appellationsgerichts Amberg, das von 1808 bis 1810 als Appellationsgericht für den Naab- und Pegnitzkreis, von 1810 bis 1837 als Appellationsgericht für den Regenkreis und von 1838 bis 1873 als Appellationsgericht für den Kreis Oberpfalz und Regensburg fungierte (1873 Vereinigung mit dem Appellationsgericht für Mittelfranken in Nürnberg). Akten der kurfürstlichen Regierung Straubing als obere Justizbehörden (vor 1802) sind separiert, die Abgabe an das zuständige Staatsarchiv Landshut ist vorgesehen. Bei den bis 1947 beim Oberlandesgericht Nürnberg verwahrten Akten sind Kriegsverluste nicht ausgeschlossen. Hingewiesen sei auf die Akten, die im Nachlassverfahren über die Verlassenschaft des 1817 gestorbenen letzten Reichserzkanzlers und deutschen Fürstprimas Erzbischof Carl Theodor von Dalberg erwuchsen, die bis in fürstprimatische Zeit zurückreichen (Nr. 3848–3947). Seit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877/79 ist für den Regierungsbezirk Oberpfalz das Oberlandesgericht Nürnberg zuständig.
Eigene Fonds bestehen für die 1818 eingerichteten Kreis- und Stadtgerichte Amberg und Regensburg (1818–1856, zusammen ca. 4100 Akten, 46 lfm). Separat aufgestellt sind deren Nachlassakten (615 Akten, 6,4 lfm). Die Bestände der 1856 an ihre Stelle tretenden Bezirksgerichte Amberg, Neunburg v. Wald, Regensburg und Weiden (1857–1879) umfassen zur Zeit 1253 Akten (97,5 lfm). Umfangreich ist das Schriftgut der 1879 an die Stelle der vier Bezirksgerichte getretenen drei Landgerichte Amberg, Regensburg und Weiden (zusammen ca. 37.000 Akten, 378 lfm). Die Handelsgerichte Amberg und Regensburg (1862–1879) sind mit 64 Akten (3,5 lfm) vertreten.
Das Schriftgut der Staatsanwaltschaften Amberg, Regensburg (mit Zweigstelle Straubing) und Weiden (zusammen ca. 18.200 Akten, 320 lfm) reicht bis ca. 1920, für Amberg bis 1850 zurück. Es ist speziell für die Zeit des Dritten Reiches von großem Quellenwert. Die Akten der Staatsanwaltschaft Weiden aus der Zeit nach 1945 beinhalten u.a. zahlreiche Ermittlungsverfahren gegen Ärzte, Kommandanten, Aufseher usw. des KZ Flossenbürg. Seit 1936 fallen die Strafakten der Landgerichte abschließend bei den Staatsanwaltschaften an.
Die Trennung von Justiz und Verwaltung im Jahre 1862 hatte die 1802/03 auf der unteren Ebene eingerichteten Landgerichte älterer Ordnung zu reinen Justizbehörden, jetzt so genannten Landgerichten mittlerer Ordnung, gemacht. Ihre Judizialregistraturen wurden 1879 von den an ihrer Stelle eingerichteten Amtsgerichten übernommen, mit deren Aktenabgaben dieses Schriftgut ins Staatsarchiv gelangte. Die Landgerichte älterer Ordnung (1803–1862) werden als eigene Fonds mit ihren Administrativ- und Judizialregistraturen wiederhergestellt (zurzeit 15.644 Justizakten, 165 lfm) (siehe auch oben S. 23 unter Innere Verwaltung). Separat aufgestellt sind deren Nachlassakten (ca. 37.800 Akten, 183 lfm), während die von ihnen geführten Briefprotokolle (ca. 3800 Bde., 285 lfm) dem Selekt Briefprotokolle (siehe S. 37) zugeteilt sind. Zum Schriftgut der 1879 an die Stelle der Landgerichte getretenen 33 Amtsgerichte gehören neben den Straf- und Zivilprozessakten (ca. 65.000 Akten, 337 lfm) die Grundbücher samt den vorausgegangenen Hypothekenbüchern (rund 14.500 Bde., 925 lfm) und den dazugehörigen Grundbuchanlegungsakten und sonstigem Schriftgut (5250 Akten, 251 lfm), die Nachlassakten (ca. 322.300 Akten, 811 lfm), die Vormundschaftsakten (ca. 232.500 Akten, 369 lfm), die Akten der Registergerichte (ca. 4760 Akten, 59 lfm) und der Anerbengerichte (ca. 11.000 AE, 50 lfm, 1933–1945). Die leider nur noch unvollständig überlieferten Strafakten der Amtsgerichte aus der Zeit des Dritten Reiches werden, soweit sie erhalten blieben, trotz ihres überwiegenden Bagatellcharakters vollständig übernommen, weil sie oft politische und gesellschaftliche Konfliktsituationen dieser Zeit widerspiegeln. Zum Vollzug des "Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" von 1933 wurden auch in Amberg, Regensburg und Weiden Erbgesundheitsgerichte eingerichtet. Von diesen Institutionen liegen insgesamt 2397 Einzelfallakten (8,4 lfm) vor.
Von den Justizvollzugsanstalten Amberg und Regensburg liegen kleinere Abgaben vor, die bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts (Amberg) bzw. in die Zeit des Dritten Reiches (Regensburg) zurückreichen (zusammen 2200 Akten und Bde., 21 lfm).
Aufgrund eines Gesetzes von 1869 behielt der Fürst von Thurn und Taxis die Zivilgerichtsbarkeit über seine Bediensteten bis zur Einführung des BGB im Jahre 1900. Das Staatsarchiv besitzt die Nachlassakten dieses Fürstlichen Zivilgerichts aus der Zeit von 1870 bis 1899 (453 Akten, 2,4 lfm).
Ende 1946 wurden auf Grund des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946 unter dem Staatsministerium für Sonderaufgaben Spruchkammern eingerichtet, die über den Grad der Belastung eines jeden Bürgers zu befinden hatten. Bis jetzt wurden einzelne Akten der für den Regierungsbezirk Niederbayern-Oberpfalz zuständigen Berufungskammer Regensburg sowie sämtliche Akten der Spruchkammern Amberg-Land, Amberg-Stadt, Beilngries, Burglengenfeld, Cham, Eschenbach, Kemnath, Neumarkt, Neunburg vorm Wald, Neustadt a. d. Waldnaab, Oberviechtach, Parsberg, Regensburg-Stadt, Regensburg-Land, Internierungslager Regensburg, Riedenburg, Roding, Sulzbach, Tirschenreuth, Vohenstrauß, Waldmünchen und Weiden übernommen (ca. 62.700 Akten, 400 lfm). Ebenfalls dem Ministerium für Sonderaufgaben unterstanden die von der amerikanischen Armee eingerichteten Internierungslager (Internierungslager Regensburg, 3 Akten, 1945–1947).
Das Schriftgut der oberpfälzischen Notariate befindet sich wegen der Zugehörigkeit der Landgerichte Amberg, Regensburg und Weiden zum Sprengel des Oberlandesgerichts Nürnberg in der Außenstelle Lichtenau des Staatsarchivs Nürnberg.