Einleitung
1. Behördengeschichte
In Bayern wurde wie in vielen anderen Territorien des Reichs das Postregal durch die vom Kaiser damit belehnten Fürsten von Thurn und Taxis ausgeübt, die mit den jeweiligen Reichsständen spezielle Verträge über die Ausgestaltung der Gebietsorganisation oder der Tarifstufen abschlossen. Ende des 18. Jahrhunderts war die Kritik an diesem System schon recht heftig, so dass im Umfeld des Regierungsantritts der Zweibrücker Linie der Wittelsbacher in Bayern 1799 Überlegungen zu einer kurbayerischen Post angestellt wurden. Jedoch ermöglichte erst der sich abzeichnende Untergang des Reichs im Herbst 1805 konkrete Maßnahmen. Zunächst in Schwaben (Vorderösterreich), dann in Tirol ergriff Bayern Besitz vom Postregal. Dies war nur möglich, weil in diesen Ländern nicht die Reichs-, sondern habsburgische Landesposten tätig waren. Auf ähnlicher Basis erfolgte 1810 der Zugriff auf die salzburgische Post, während der Anfall der Posten in Würzburg und Aschaffenburg 1814 Kompensationszahlungen an das Haus Thurn und Taxis nach sich zog.
Da es dem neuen Königreich nicht möglich war, sofort die gesamte für den Postbetrieb nötige Infrastruktur bereit zu stellen, griff man zu dem Kompromiss, dass der Fürst von Thurn und Taxis die Post in Bayern statt vom Reich nun von Bayern zu Lehen nahm. Neben der konsequenten Ergänzung der Amtsbezeichnungen durch den Zusatz "königlich bayerisch" musste sich die weiter amtierende Taxis'sche Postverwaltung die Einsetzung von Kommissären bei den Oberpostämtern als Aufsichtsinstanzen gefallen lassen. Beim Außenministerium wirkte der Landesdirektionsrat Karl Joseph Frhr. von Drechsel als oberster Postkommissär, in Tirol der Oberpostamtssekretär Karl Sched(e)l als Neuorganisator. In den früher österreichischen Landen wurde ja bereits seit 1806 die Post unabhängig vom Lehennehmer Thurn und Taxis betrieben.
Die Konstitution von 1808 beendete den wenig befriedigenden Zwischenzustand eines von Bayern beliehenen und kontrollierten, weitgehend jedoch selbstständig agierenden Postunternehmers. Mit Verordnung vom 1. März 1808 (RegBl. Sp. 1281) wurde die Post ein bayerisches Staatsunternehmen, das in eigener Regie, d.h. auf eigene Kosten und Risiko, betrieben wurde.
Während die Organisationsstruktur in der Fläche, von einzelnen Korrekturen abgesehen, weitgehend beibehalten wurde, gab es im vertikalen Aufbau der Postverwaltung größere Veränderungen. So wurden die Zuständigkeitsbereiche der Oberpostämter zunächst den bayerischen Provinzen, später der jeweils gültigen Kreiseinteilung angepaßt. Gebietsver-änderungen führten zur Neuschaffung von Oberpostämtern (1810: Bayreuth, Regensburg und Salzburg; 1814: Würzburg) oder zu deren Auflösung (1810: Innsbruck; 1814: Bayreuth und Salzburg).
Als Ersatz für die Thurn und Taxis'sche Generaldirektion in Regensburg wurde zum 1. Juli 1808 eine beim Außenministerium angesiedelte, unter der Leitung des bisherigen Postkommissärs Drechsel stehende Generalpostdirektion errichtet, für die teilweise von der Regensburger Generaldirektion, teilweise von der Landesdirektion und vom Außenministerium Personal rekrutiert wurde.
Da sich im Laufe des Sommers 1808 zeigte, dass die Steuerung der gesamten Post im Königreich eine bessere Einbindung in das Ministerium erforderte, wurde durch Verordnung vom 17. September 1808 (RegBl. Sp. 2261) diese Generaldirektion als Postsektion gleichrangig mit der Lehen- und Hoheitssektion und dem Heroldenamt ins Außenministerium eingegliedert. Das Postwesen wurde also besonders unter dem hoheitlichen Aspekt gesehen, auch wenn die hieraus fließenden Erträge eine große Stütze des in den folgenden Kriegsjahren hoch belasteten Staatshaushalts waren.
Nachdem sich 1817 der Gebietsumfang Bayerns konsolidiert hatte, auch eine zwischenzeitlich immer wieder einmal diskutierte Reaktivierung der Thurn und Taxis-Post nicht mehr zu befürchten war, trat der finanzielle Aspekt der Postverwaltung in den Vordergrund. Zwecks Stützung des defizitären Staatshaushalts wurden 1817/18 die wichtigsten Ein-nahmequellen des Staates unter der Leitung von Generaladministrationen (u.a. Zoll, Bergwerke, Lotto) neu organisiert. Dabei kam es auch zur Errichtung der Generaladministration der Posten, die die bisherige Postsektion im Außenministerium beerbte.
2. Aufgaben
Die Postsektion im Außenministerium bzw. die Generalpostdirektion war die oberste Aufsichtsbehörde für die bayerische Post. Ihr Wirkungskreis erstreckte sich nach den genannten Verordnungen von 1808 auf folgende Bereiche: Leitung und Beförderung des Briefverkehrs, Anlegung von Postrouten, Tarifwesen, Oberaufsicht und Disziplinargewalt über das Postpersonal, Organisation des Postwesens allgemein, Rechnungswesen der gesamten Post, Erstellung eines Postetats.
Bereits kurz nach Errichtung der Generalpostdirektion wurde ihr mit Verordnung vom 15. Juli 1808 (RegBl. Sp. 1537) auch die Gesamtaufsicht über das Boten- und Lohnkutscherwesen im Königreich Bayern übertragen. Die mit dieser Maßnahme angestrebten Ziele: Schaf-fung einheitlicher Bestimmungen in allen Territorien des Königreichs, klare Abgrenzung zum Postwesen, Stärkung des Postregals durch massive Reduzierung des Botenwesens insgesamt, gehen aus einer weiteren Verordnung vom gleichen Tag deutlich hervor (RegBl. Sp. 1538).
Das konzessionierte Botenwesen stand der Post näher als andere Gewerbe des Transportwesens, waren die Boten doch z.B. zur Einhaltung eines Fahrplans und einer bestimmten Route verpflichtet und mussten auch bei geringer Auslastung ohne Rücksicht auf das Kosten-Einnahmen-Verhältnis fahren oder laufen. Trotzdem ging bei der Auflösung der General-postdirektion 1817 die Aufsicht nicht an die Generaladministration der Posten, sondern an das Innenminsterium über, das generell für die Aufsicht über die Gewerbetreibenden zustän-dig war. Dieses wiederum delegierte die Aufsicht auf die Boten nebst Konzessionserteilung 1822 an die Kreisregierungen und fungierte nur noch als Berufungsinstanz in Streitigkeiten um die Konzessionen.
3. Bestandsgeschichte
Um die Neueinrichtung des Post- und Botenwesens im ganzen Königreich auf einheitlicher Basis und in Kenntnis der historischen Entwicklung vollziehen zu können, zog die Postsektion in großem Stile ältere einschlägige Akten aus allen Landesteilen an sich. Bei der Umorganisation 1816/17 jedoch war die Postorganisation schon so weit neu gestaltet, dass diese Akten entbehrlich waren. Zusammen mit den zwischen 1806 und 1816 angefallenen Akten über die Postorganisation in den zwischenzeitlich schon wieder abgetretenen Landesteilen wurden sie an das Archivconservatorium im Alten Hof (seit 1876: Kreisarchiv München) eingeliefert. Die Akten über das Botenwesen erhielt jedoch zum größeren Teil das Innenministerium, das sie weiterführte.
Im Archivconservatorium wurde die Abgabe in den Sachpertinenzbestand "Generalregistratur" als Gruppe "Postwesen" mit 117 Faszikeln eingereiht. Die Erschließung bestand dabei teilweise aus Abgabeverzeichnissen mit Auflistung einzelner Akten, teilweise nur aus summarischen Angaben für einen ganzen Faszikel.
Nachdem in den 1860er Jahren bauliche Verbesserungen im Alten Hof stattgefunden hatten, setzte eine Revision der Bestände des Archivconservatoriums ein. In diesem Zusammenhang überprüfte Eduard Geib, seit 1883 Leiter des Kreisarchivs München, auch die Gruppe Post-wesen. Schon bei den ersten Faszikeln, deren Erschließungszustand er verbessern wollte, stieß er reihenweise auf nicht(-alt)bayerische Provenienzen (u.a. Reichsstädte Nürnberg, Ulm, Kempten, Lindau und Nördlingen, Hochstift Passau, Fürstentum Ansbach, Oberpfalz und Pfalz-Neuburg). In seinem Gutachten vom 16. Dezember 1884 an die Reichsarchivdirektion (in: GDion Archive 796) sprach er sich dafür aus, solche Provenienzen an die zuständigen rechtsrheinischen Kreisarchive bzw. an das Reichsarchiv selbst abzugeben und im Bestand "Generalregistratur" nur Akten kurbayerischer Zentralbehörden zu belassen.
Die nach diesem Vorschlag vom Reicharchivdirektor Löher genehmigte Neuformierung führte Geib in den ersten beiden Monaten des Jahres 1885 durch. Die Abgabe an andere Archive belief sich dabei auf insgesamt 413 Akten. Es erhielten Amberg 40, Bamberg 81, Landshut 11, Neuburg 74, Nürnberg 118 und Würzburg 23 Akten. Das Reichsarchiv empfing 66 Akten, wovon es 63 sofort nach Neuburg weiterschickte. Im Bestand "Generalregistratur" beließ Geib nur 152 Archivalien, während er aus ca. 1250 bei der Bearbeitung dort vorgefundenen Akten des Außenministeriums, der Postsektion, der Oberpostämter und der Thurn und Taxis'schen Postverwaltung einen neuen Bestand "Postakten" formierte. Er legte einige wenige Akten in die Bestände "Gerichtsliteralien (Faszikel)" und "Hochstift Freising" um und nahm in geringem Umfang nochmals Makulierungen vor. Die erste, von Ordnungsarbeiten unabhängige Makulierungsaktion war bereits 1876 durchgeführt worden und hatte besonders die Personalakten unterer Postbediensteter, die Bereiche der Rechnungslegung und der Anstellungsprüfung sowie die Akten über Portofreiheiten betroffen.
Im Jahre 1847 waren vom Innenministerium die Botenkonzessionsakten an das Archivconservatorium eingeliefert worden. Hintergrund hierfür war wohl der bevorstehende Übergang der Zuständigkeit für das Gewerbewesen auf das im folgenden Jahr errichtete Handelsmi-nisterium. Der einstmals wohl recht umfangreiche Bestand wurde im September 1870 dem Innenministerium zurückgegeben und von diesem makuliert. Erhalten blieb lediglich eine Art Musterüberlieferung für die Ausgangsorte von Botenrouten, die mit den Buchstaben B/P, C/K und D/T beginnen. Diesen Restbestand von 74 Akten reihte Geib an die Postakten an, unter denen sich auch eine Gruppe von 31 schon 1816 abgegebenen Botenakten mehr allgemeinen Charakters befand. Einige wenige Akten zum Botenwesen, zumeist Beschwerden über verweigerte Konzessionen, blieben im Innenministerium zurück und fanden erst über das Handelsministerium ihren Weg ins Archiv.
Geib verwendete bei seinen Ordnungsarbeiten für das neue Repertorium zum Bestand "Postakten" teilweise ganze Seiten der älteren Repertorisierung, teilweise schrieb er die Verzeichnung neu. Der Rest der älteren Verzeichnung befindet sich im Staatsarchiv München unter der Signatur Kreisarchiv München 233.
Das aus alten und neuen Teilen zusammengefügte Repertorium wurde von der postgeschichtlichen Forschung sofort stark benutzt. Interessierte Posthistoriker waren es auch, die Ende der 1930er Jahre eine maschinenschriftliche Fassung dieses schon recht verschlissenen Re-pertoriums anfertigten und mit einem ausführlichen Register versahen. Inzwischen war im Jahre 1930 der Bestand "Postakten" im Zuge einer ersten Bestandsbereinigung an das Baye-rische Hauptstaatsarchiv gekommen. Noch immer waren die Akten aber nach dem Schema der Generalregistratur mit "Postakten, Faszikel und Nummer" zu bestellen. Erst um 1955 erfolgte durch den Archivrat Dr. Piendl eine fortlaufende Durchzählung der Akten.
Piendl, der 1957 Leiter des Fürst Thurn und Taxis Zentralarchivs wurde, war es auch, der Anfang der 1970er Jahre den Anstoß dazu gab, die Thurn und Taxis'schen Provenienzen aus dem Mischbestand "Postakten" herauszuziehen und im Tauschwege nach Regensburg abzu-geben.
1999 erfolgte durch Archivdirektor Dr. Hetzer und die Archivreferendare des Kurses 1998/2000 eine nochmalige Überprüfung der Provenienzen, die außer verschiedenen Beständen aus dem nachgeordneten Bereich der königlich bayerischen Postverwaltung einen kleinen Rest Thurn und Taxis'scher Provenienzen sowie Akten verschiedener bayerischer Regionalbehörden, besonders in Tirol, zu Tage förderte. Teilweise war durch Benutzung und Umformierung die Vermischung der Akten so weit fortgeschritten, dass eine Blatt-für-Blatt-Analyse durchgeführt werden musste.
Als Ergebnis dieser Analyse- und Bereinigungsmaßnahme liegt nun der erhaltene Aktenbestand der Postsektion im Außenministerium als provenienzreiner Bestand vor. Einige kleinere Ergänzungen wurden aus den Beständen "Außenministerium", "Generalregistratur" und "OPD-Archiv, Verzeichnis 7" hinzugefügt.
Die im Bestand "Postakten" aufgefundenen Akten anderer Ministerien wurden deren Beständen zugewiesen, Akten der kurbayerischen Zentralbehörden der Intention Geibs gemäß in die Generalregistratur überführt und die sonstigen Provenienzen nach Zuständigkeit an die Staatsarchive und das Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv abgegeben. Der Bestand "Postakten" ist somit vollständig aufgelöst.
Die starke Benutzung und Auswertung seit mehr als 100 Jahren und die mehrfach (1885, 1955, 1999) vorgenommene Änderung der Signaturen ließen es angezeigt erscheinen, eine ausführliche Konkordanz aller vorkommenden Signaturen zu erstellen. Ein Orts-, Personen- und Sachregister erschließt das auch in den Betreffen durchgehend neu gestaltete Repertorium.
4. Weitere Bestände zum Postwesen im Bayerischen Hauptstaatsarchiv:
- MA 41: Postwesen (1808-1828, 1832-1847, 1871-1904)
- Generaladministration der Posten 1 (1818-1847)
- Generaldirektion der Verkehrsanstalten 1 ((1868-1886)
- MF 30: Postwesen (1826-1832, 1847-1848)
- MH 8: Postwesen (1848-1871)
- MV I 1:Postwesen (1904-1920)
- Generaldirektion der Posten und Telegraphen 1 (1886-1907)
- Fiskalat der Verkehrsanstalten 1 (1851-1905)
5. Literaturauswahl:
* Archiv für Postgeschichte in Bayern. Hrsg. von der Gesellschaft zur Erforschung der Postgeschichte in Bayern/Oberpostdirektion München. Jahrgänge 1925 - 1943, 1949 - 1981, 1983 - 1994, München.
* Kalesse, Claudia: Postagenten, Schwarzsender und Sommerreisen.
Geschichte der Post in Schwaben zwischen 1808 und 1945, Augsburg 2003.
* Karl-Heinz Friedrich: Der Bestand R 4701 Reichspostministerium, Teil 1: Geschichte und Aufgaben der Post, in: Mitteilungen aus dem Bundesarchiv, Heft /2010, 18. Jahrgang.
* Karin Amtmann: Post und Politik von 1808 bis 1850. Der Weg der königlich-bayerischen Staatspost in den Deutsch-Österreichischen Postverein, in: Miscellanea Bavarica Monacensia, hrsg. von Richard Bauer und Ferdinand Kramer, Bd.. 181, München 2006.
* Joachim Helbig: Bayerische Postgeschichte 1806-1870. Grundlagen zur Interpretation altdeutscher Briefe, München 1991.
* Transportieren, Telegraphieren, Telefonieren - Pionierleistungen der Bayerischen Staatspost. Eine Ausstellung des Bayerischen Hauptstaatsarchivs. Bearbeitung und Konzeption: Edeltraud Weber, mit einem Vorwort von Gerhard Hetzer. Staatliche Archive Bayerns (Hrsg.), Kleine Ausstellung Nr. 45, Neustadt a .d. Aisch 2014, 116 S.
* Verordnungsblatt und Anzeigenblatt der königlich bayerischen Verkehrsanstalten, München
1851 - 1906.
* Verkehrsministerialblatt für das Königreich Bayern / Postdienstlicher Teil, München 1908 - 1920.
Das Findbuch ist in der FAUST Datenbank "MA_1" (Ressort des Königlichen Hauses und des Äußern) elektronisch erfasst und verfügt über ein Orts- und Personenregister.
München, April 2000
Otto-Karl Tröger
Bestellsignatur: MA + Bestellnummer (Beispiel: MA 3310)