Einleitung
1. Überblick über die Behördenentwicklung
Im Zuge der Montgelas´schen Verwaltungsreformen wurde im Geschäftsbereich des Finanzministeriums 1807 als Zentralbehörde für die Salzangelegenheiten eine General-Administration der Salinen (ab 1808: General-Salinen-Administration) errichtet. Das gleichzeitig geschaffene Oberste Bergamt (ab 1808: General-Bergwerks-Administration) dagegen wurde zur obersten administrativen Behörde in allen das Berg- und Hüttenwesen betreffenden Gegenständen erklärt; ihm war auch die Porzellanmanufaktur Nymphenburg unterstellt.
Zur Vereinfachung des Geschäftsgangs wurden die beiden Behörden sowie die 1808 gegründete Münzkommission 1820 in der General-Bergwerks-Salinen- und Münz-Administration vereinigt, die nach der Ausgliederung des Münzwesens im Jahr 1823 die Bezeichnung General-Bergwerks- und Salinen-Administration erhielt. Unmittelbar dem Finanzministerium nachgeordnet, war sie die zentrale Fachbehörde sowohl für Angelegenheiten der vom Staat betriebenen Werke wie auch für Belange der in privater Hand befindlichen Unternehmen (gewerkschaftliche Unternehmungen oder Gewerke).
Vor dem Hintergrund einer Vereinheitlichung der zersplitterten Berggesetzgebung und des rasanten technischen und industriellen Fortschritts wurde 1869 ein nach preußischem Vorbild gestaltetes bayerisches Berggesetz erlassen. Darin wurde das seit Jahrhunderten bestehende Bergregal aufgehoben und die volle Bergbaufreiheit eingeführt: Wer beim Schürfen nach den im Berggesetz als bergbaufreie Mineralien deklarierten Bodenschätzen fündig wurde, hatte nach der ordnungsgemäß beantragten Mutung ein Recht auf staatliche Verleihung des Bergwerkseigentums.
Der Vollzug dieses Gesetzes brachte eine grundliegende Veränderung im Behördenaufbau. Während der General-Bergwerks- und Salinen-Administration die Leitung und Verwaltung der ihr unterstellten Staatsbetriebe verblieb und sie mithin auf die rein fiskalischen Aufgaben (Wirtschaftsverwaltung) beschränkt wurde, war das 1869 neuerrichtete Oberbergamt in München mit den drei nachgeordneten Bezirksbergämtern in München, Bayreuth und Zweibrücken künftig für die Hoheitsverwaltung zuständig. Es übernahm nun die Bergaufsicht über die gewerkschaftlichen Betriebe.
Die Verwaltung der zunächst der pfälzischen Regierung, Kammer der Finanzen, unterstellten staatlichen Steinkohlen- und Eisenhüttenwerke in der Pfalz wurde 1874 ebenfalls von der General-Bergwerks- und Salinen-Administration übernommen.
Das Jahr 1908 blieb für die Behördenstruktur zwar bedeutungslos, es erfolgte aber eine Umbenennung der Behördenbezeichnungen, die 1909 in Kraft trat: Die General-Bergwerks- und Salinen-Administration hieß fortan Generaldirektion der Berg-, Hütten- und Salzwerke, die Bergwerks- und Salinenhauptkasse wurde in Bergwerkshauptkasse umbenannt, und die nachgeordneten Ämter führten künftig die Bezeichnung Bergamt, Hüttenamt, Berg- und Hüttenamt, Salinenamt oder Berg- und Salinenamt.
Die für die jüngere Geschichte der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung wohl entscheidendste Zäsur war die Umwandlung der Generaldirektion der Bayerischen Berg-, Hütten- und Salzwerke mit den ihr unterstellten Ämtern in eine Aktiengesellschaft im Jahr 1927. Der Freistaat Bayern, vertreten durch das Staatsministerium der Finanzen, übernahm 100% der Aktien, trat also als alleiniger Aktionär der neugegründeten Bayerischen Berg-, Hütten- und Salzwerke AG (BHS AG) auf.
Im Juni 1991 schließlich wurde die BHS AG mit ihren insgesamt über 2000 Mitarbeitern privatisiert. Die SKW Trostberg AG (früher: Süddeutsche Kalkstickstoffwerke), eine Tochter des VIAG-Konzerns, hatte sie für ca. 120 Millionen DM gekauft.
2. Archivische Bearbeitung
2.1 Übernahme
Nachdem in den Jahren 1972 und 1974 die Personalakten der Generaldirektion der BHS AG einschließlich ihrer Vorläuferbehörden an das Bayerische Hauptstaatsarchiv abgegeben worden waren - sie bilden nun die Bestände GBS 2 und GDionBHS 2 -, gelang es der Archivverwaltung nach jahrelangen zähen Verhandlungen, auch die Sachakten der Hauptverwaltung in die Aussonderung einzubeziehen.
In mehreren Teilabgaben wurde im Zeitraum von Mai 1986 bis September 1987 ca. 230 laufende Meter umfassendes Schriftgut von der BHS-Hauptverwaltung/Außenstelle Peißenberg übernommen. Es handelte sich einerseits um Akten über die Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung allgemein, andererseits um Unterlagen über einzelne Werke.
2.2 Bestandsbildung und -abgrenzung
Im Zuge der Verzeichnung stellte sich heraus, dass neben den am häufigsten vertretenen Provenienzen General-Bergwerks- und Salinenadministration (GBS), Generaldirektion der Berg-, Hütten- und Salzwerke (Gdion BHS) und Generaldirektion der Berg-, Hütten- und Salzwerke AG - als Spiegel der Behördenentwicklung - folgende Provenienzen zutage traten, deren Zahl aber vergleichsweise gering war:
- Oberstes Bergamt/General-Bergwerksadministration (1807/1808-1820)
- Oberbergkommissariat des 1. Hauptbergdistrikts (1814-1818)
- Generaladministration der Salinen (1807-1820)
- General-Bergwerks- Salinen- und Münzadministration (1820-1823)
Von der Überlegung ausgehend, dass die Abspaltung der hoheitlichen Kompetenzen von den fiskalischen Aufgaben, die ihren behördenorganisatorischen Niederschlag in der Neugründung des Oberbergamtes gefunden hatte, sich auch auf die Bestandsabgrenzung auswirken sollte, wurde schließlich folgendes festgelegt: Das Jahr 1869 dient als Schnittstelle für zwei neu zu bildende Bestände, nämlich die General-Bergwerks- und Salinenadministration (GBS) und die Generaldirektion der Berg-, Hütten- und Salzwerke (GdionBHS)14. Daneben wird ein dritter, provenienzreiner Bestand Oberbergamt aufgebaut.
Zur Vermeidung von Splitterbeständen wurde darauf verzichtet, für die kurzlebigen Zentralbehörden der ersten beiden Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts eigene Fonds aufzubauen.
Die vereinzelt festgestellten Akten mittel- oder unterbehördlicher Provenienz wurden inzwischen an die zuständigen Staatsarchive extradiert. Des weiteren wurden die Akten, deren Laufzeit vor 1807, also vor dem Einsetzen moderner staatlicher Fachbehörden für das Berg- bzw. Salzwesen, endete, der Abteilung I des Bayerischen Hauptstaatsarchivs (Ältere Bestände, vor 1800) überlassen.
2.3 Ordnung und Verzeichnung
Vom Unterzeichneten abgesehen waren an der Verzeichnung des Bestandes drei Beamte des mittleren Dienstes und im Rahmen des vorgeschriebenen Praktikums die beiden Kurse des Vorbereitungsdienstes für den gehobenen Archivdienst 1990/1993 und 1993/1996 beteiligt. Im Juli 1995 konnten die Verzeichnungsarbeiten an der Abgabe von 1986/87 zum Abschluss gebracht werden.
Methodisch wurden weitgehend eine Intensivverzeichnung gewählt, was nicht ausschließt, dass Akten geringerer Bedeutung nur einfach verzeichnet wurden.
Hinsichtlich der Ordnung des Bestandes ergab sich das Problem, dass ein brauchbarer Aktenplan nicht zur Verfügung stand. Die Strukturierung des Bestandes war mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden, da die auf den Aktendeckeln vorhandenen alten Aktenzeichen (Bruchnummer und Buchstabe, z. B.: 712/III H) grundsätzlich nur eine Grobstruktur vorgaben:
- G: für Generalia (im Repertorium: Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung allgemein)
- B: für Bergwerke (im Repertorium: Einzelne Berg- und Hüttenwerke)
- H: für Hauptsalzämter (im Repertorium: Einzelne Salinen).
Eine Feinstrukturierung musste erst erarbeitet werden. Sie orientiert sich im Wesentlichen am Aktenbestand selbst. Alte Geschäftsverteilungspläne etc. waren nur bedingt hilfreich.
Wie das Inhaltsverzeichnis ausweist, kann man bei den Werken (Gliederungspunkte 2-4) einen weitgehend parallelen Aufbau erkennen. Beim Abschnitt über die Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung allgemein erschien es angezeigt, einige Gliederungspunkte, die auch bei den einzelnen Werken aufscheinen (v. a. Personalsachen, Kassen- und Rechnungswesen sowie technischer und wirtschaftlicher Betrieb) tiefer zu gliedern, um der vermehrten Anzahl der Akten gerecht zu werden und gleichzeitig zu verhindern, dass die Unterpunkte zu unübersichtlich werden. Zum anderen mussten in den allgemeinen Teil Gliederungspunkte neu aufgenommen werden, die bei den einzelnen Werken nicht anzutreffen sind.
2.4 Kassation
Von den rund 3800 Akten, die den Bestand GdionBHS bilden, wurden lediglich rund 130 Akten, deren Inhalt als unbedeutend bewertet wurde, kassiert. Die kassierten Akten betrafen Kraftfahrzeugunfälle, Kraftfahr- und Transportversicherungen, Aufstellung von Vertretern, abgelehnte bzw. zurückgezogene Bewerbungen u. ä., wobei es sich durchweg um Einezlfälle handelte. Die Kassationsquote liegt damit unter 5%. Weitergehende Kassationen verboten sich schon wegen der unten beschriebenen, durch Kriegsverluste eingetretenen Überlieferungsstörungen.
3. Überlieferungssituation und Querverweise
Trotz der Fülle des Materials, das das vorliegende Repertorium bietet, muss betont werden, dass ein nicht unerheblicher Teil der Akten insbesondere des 19. Jahrhunderts zu den Verlusten des Zweiten Weltkriegs zählt. Vorrangig zu nennen sind Akten der Hauptverwaltung über das Hüttenamt Bergen, das Berg- und Hüttenamt Fichtelberg, das Steinkohlenbergwerk Stockheim, die Hauptsalzämter Bad Dürkheim, Bad Kissingen, Bad Reichenhall und Traunstein sowie Porzellanmanufaktur und Glasmalereianstalt Nymphenburg. Verlorengegangen sind zudem für den Bestand GBS etliche Akten über das Oberbergkommissariat des 1. Hauptbergdistrikts in München, über die Salzämter, Salzfaktoreien und Salzoberfaktoreien sowie Rapporte von Beamten und Praktikanten. Ein Verzeichnis "der auf dem Speicher befindlichen Akten" gibt vom ehemaligen Gesamtbestand Zeugnis.
Da auch im Bestand Finanzministerium zahlreiche thematisch einschlägige Sach- und Personalakten v. a. des 19. Jahrhunderts im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurden (vgl. Repertorien MF 15 Und MF 16), kommt den noch vorhandenen Unterlagen eine umso größere Bedeutung zu.
Aufgrund der oben dargelegten behördengeschichtlichen Entwicklung versteht es sich von selbst, dass eine enge Verzahnung mit den (noch vorhandenen) Akten des Finanzministeriums besteht, die für einschlägige Recherchen zusätzlich herangezogen werden sollten. In den Fällen, in denen Kriegsverluste im Bestand GDionBHS vorliegen, können die Akten des Finanzministeriums unter Umständen einen gleichwertigen Ersatz bieten. Akten mit Betreffen zum Berg- und Salzwesen finden sich in der Abteilung II des Bayerischen Hauptstaatsarchiv in den Beständen Handelsministerium, Innenministerium, Arbeitsministerium, Justizministerium und Oberbergamt
Verwiesen sei außerdem auf das in den jeweiligen Staatsarchiven liegende Schriftgut der Berg- und Salzbehörden auf der unteren Verwaltungsebene.
4. Inhaltliche Würdigung
Eine detaillierte inhaltliche Würdigung des Bestandes, der vereinzelt schon 1807 einsetzt, bis ca. 1970 reicht und seinen Schwerpunkt im 20. Jahrhundert hat, ist an dieser Stelle nicht möglich. Gleichwohl sollen einige zentrale Aktengruppen kurz charakterisiert werden.
Eine sehr dichte Überlieferung bieten gleich im ersten Kapitel die sog. Denkschriften über einzelne Ämter. Neben einer historischen Beschreibung enthalten sie meist sehr konzentrierte Daten über die technische, wirtschaftliche und personelle Entwicklung des jeweiligen Betriebs.
Neben Unterlagen zur allgemeinen Verwaltung spiegelt sich die Erfüllung der sog. Querschnittsaufgaben ausführlich im Material zum Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sowie zur Grundstücks-, Gebäude- und Personalverwaltung. Gerade der zuletzt genannte Bereich dürfte dazu geeignet sein, ein facettenreiches Bild von den Lebens- und Arbeitsbedingungen der in staatlichen Berg-, Hütten- und Salzwerken beschäftigten Beamten, Angestellten und Arbeiter nachzuzeichnen, finden sich doch zahlreiche Akten etwa über Arbeitszeit, Urlaub, Löhne und Gehälter, Besoldung, Zulagen, Pensionen, Wohnungen, Tarifverträge, Arbeitskämpfe, Arbeiterausschüsse und Betriebsräte, Strafen und Unfälle. Ferner ist die soziale Absicherung der Belegschaft in den Akten über die Kranken-, Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherung sowie vor allem über das Knappschaftswesen ausführlich dokumentiert.
Den Kernbereich des Bestandes bilden allerdings die Quellen über die wirtschaftlichen und technischen Verhältnisse in den Werken. Hier spannt sich der Bogen von der Aufsuchung der jeweiligen Mineralien über die Sicherung der Grubenfelder für den Staat, die eigentliche Produktion (einschließlich Erfindungen und Verbesserungen) bis zum Vertrieb der fertigen Erzeugnisse. Eine enge Verbindung besteht zur Aktengruppe über die Energieversorgung (v. a. Holz, Kohle, Torf, Strom).
Hervorzuheben ist außerdem die gute Überlieferung zur Einbindung der Berg-, Hütten- und Salinenverwaltung in wirtschaftliche Organisationen auf bayerischer, deutscher und europäischer Ebene. Erwähnenswert sind schließlich noch die Unterlagen über die personelle und wirtschaftliche Mobilmachung vor und während der beiden Weltkriege (einschließlich des Einsatzes von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern), die Demobilisierung, die Rüstungswirtschaft und die Notstände der Nachkriegszeit.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Bestand für Wirtschafts- und Sozialhistoriker eine wahre Fundgrube darstellt, zumal sich die zahlreich vorhandenen Statistiken hervorragend für quantifizierende Untersuchungen verwerten lassen. Aber auch für Forschungen auf den Gebieten der Politik-, der Technik-, Kultur-, Medizin- und Alltagsgeschichte, um nur die wichtigsten Bereiche zu nennen, wird man den Bestand gewinnbringend heranziehen können.
Dezember 1997
Thomas Steck
Stehr (gekürzt und aktualisiert im April 2016)
Bestellsignatur: Gdion BHS + Nummer