Am 17. Juli 2020 um 10.00 Uhr unterzeichneten die Generaldirektorin der Staatlichen Archive, Frau Dr. Margit Ksoll-Marcon und der Generaldirektor des Bayerischen Nationalmuseums, Herr Dr. Frank Matthias Kammel, eine Archivierungsvereinbarung. Die Vereinbarung regelt die Aussonderung und Übergabe archivreifer Unterlagen aus der Registratur des Bayerischen Nationalmuseums an das Bayerische Hauptstaatsarchiv.
Im Rahmen eines Pressetermins wurden auch zwei jüngst dem Hauptstaatsarchiv übergebene Zugangsjournale des Nationalmuseums aus dem Zeitraum 1930 bis 1950 vorgestellt und erläutert. Die Journale sind besonders für die Provenienzforschung – die Erforschung der Erwerbungsumstände von Kunstwerken – von zentraler Bedeutung.
Die schriftliche Überlieferung des Bayerischen Nationalmuseums dokumentiert die lange und ereignisreiche Geschichte dieser Institution sowie deren Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit. König Maximilian II. gründete das Nationalmuseum im Jahr 1855. Das Museum erhielt 1867 einen repräsentativen Bau in der Maximilianstraße, der sich allerdings bald als zu klein und unzweckmäßig erwies. Das noch heute genutzte Gebäude in der Prinzregentenstraße bezog das Nationalmuseum im Jahr 1900.
Durch die abzuschließende Vereinbarung soll die historische Überlieferung des Bayerischen Nationalmuseums auf Dauer sicher und zuverlässig verwahrt und der Forschung zugänglich gemacht werden. Rechtliche Grundlage ist das Bayerische Archivgesetz. Wenn das Nationalmuseum die Unterlagen für eigene Zwecke, zum Beispiel zur Vorbereitung einer Ausstellung, für wissenschaftliche Forschungen oder im Zuge seiner Verwaltungstätigkeit benötigt, ist ein Rückgriff jederzeit möglich. Bereits im Jahr 2019 übergab das Bayerische Nationalmuseum dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv die beiden Zugangsjournale zur Archivierung. Besonders für die Provenienzforschung, also die Erforschung der Herkunft und der oft wechselhaften Besitzgeschichte der in Museen und Sammlungen verwahrten Kunstwerke sind diese Unterlagen von großer Bedeutung. Der Provenienzforschung sowie der Identifizierung und Rückgabe von verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern fühlt sich das Bayerische Nationalmuseum seit vielen Jahren besonders verpflichtet. Im „Forschungsverbund Provenienzforschung Bayern“ (https://provenienzforschungsverbund-bayern.de/) hat das Bayerische Nationalmuseum eine führende Rolle. Weitere Mitglieder des Forschungsverbundes sind unter anderem die Staatlichen Archive Bayerns, die Bayerische Staatsbibliothek und die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.
Seit der Verabschiedung der Washingtoner Erklärung im Jahr 1998 und der entsprechenden Selbstverpflichtung der Bundesrepublik im Folgejahr hat die Provenienzforschung erheblich an Bedeutung und Umfang gewonnen. Eine steigende Nachfrage nach einschlägigen Unterlagen in den Staatlichen Archiven Bayerns und besonders im Bayerischen Hauptstaatsarchiv ist die Folge. Einschlägige und viel konsultierte Bestände, die bereits im Hauptstaatsarchiv verwahrt werden, sind die Entschädigungsakten des Bayerischen Landesentschädigungsamtes, die Vermögenskontrollakten des Bayerischen Landesamts für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung, die Sachakten des Bayerischen Finanz- sowie die des Kultusministeriums. Hinzu kommen die Bestände weiterer kulturgutbewahrender Institutionen, etwa die Akten der Bayerischen Staatsbibliothek oder die der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Die Entscheidung des Bayerischen Nationalmuseums, seine Unterlagen ebenfalls abzugeben, ermöglicht eine zentrale Benutzung der genannten Bestände im Bayerischen Hauptstaatsarchiv. Für die nationale und internationale Forschungslandschaft eine große Erleichterung!
Eingestellt am 20.07.2020