27.6.2024: Notfallverbund Bayern gegründet

Am Donnerstag, den 27. Juni 2024, haben führende Kultureinrichtungen in der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns mit der Unterzeichnung einer Rahmenvereinbarung den Notfallverbund Bayern gegründet.

Der Klimawandel begünstigt Naturkatastrophen und Extremwetterlagen, deren Folgen immer häufiger auch Kultureinrichtungen unmittelbar betreffen. Das Hochwasser 2024 beweist erneut, dass eine Bewältigung derartiger Schadensereignisse allein auf lokaler Ebene meist nicht mehr möglich ist. Immer bedeutsamer wird daher eine überregional vernetzte Infrastruktur für den Kulturgutschutz mit entsprechender personeller und technischer Ausstattung.

Um in Bayern auf Großschadensereignisse besser vorbereitet zu sein, schließen sich führende Kultureinrichtungen zum Notfallverbund Bayern zusammen. Erstunterzeichner der Vereinbarung sind

  • die Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns
  • die Bayerische Staatsbibliothek
  • die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern
  • die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen
  • das Bayerische Nationalmuseum
  • Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising
  • das Archiv des Erzbistums Bamberg
  • die Archäologische Staatssammlung
  • das Bundesarchiv für seine Einrichtung Lastenausgleichsarchiv Bayreuth

 

Der Notfallverbund Bayern ergänzt die bestehenden regionalen Notfallverbünde um eine überregionale Ebene. Bisher gibt es in Bayern aktive Notfallverbünde bereits an den Standorten aller Staatsarchive, also in Amberg-Sulzbach-Rosenberg, Augsburg, Bamberg, Coburg, Landshut, München, Nürnberg und Würzburg. Weitere lokale Verbünde sind in Gründung. Kunstminister Markus Blume betont anlässlich der Unterzeichnung der Vereinbarung:

„Prävention, Schutz und Vernetzung gelingt am besten gemeinsam: Mit der Einrichtung des Notfallverbundes Bayern schließen sich Kultureinrichtungen aus dem ganzen Freistaat zum schnellen und umfangreichen Schutz unserer Kulturschätze zusammen. Herzstück des Verbundes ist zunächst die Bereitstellung und Koordination eines speziellen Notfallcontainers für den Kulturgutschutz. Im Notfall beraten und begleiten fachkundige Expertinnen und Experten des Verbundes die Feuerwehr beim Einsatz des Containers. So wird Hand in Hand mit den Einsatzkräften ein schneller, sicherer und passgenauer Schutz unserer Kulturschätze garantiert.“

Die im Notfallverbund Bayern zusammengeschlossenen Institutionen bündeln im Falle eines Großschadensereignisses ihre personellen, fachlichen und technischen Ressourcen, um unersetzliches Kulturgut vor Verlust und Zerstörung zu bewahren. Über den Erfolg einer Erstversorgung entscheiden die ersten 48 Stunden, nach dieser Zeit setzt erfahrungsgemäß bei nassen Objekten Schimmelbildung ein. Auch danach ist eine Bergung noch möglich, aber je zügiger richtig gehandelt wird, desto besser.

Ziele des Notfallverbundes Bayern sind die Beschaffung und die Bereitstellung erforderlicher Großgeräte sowie ein regelmäßiger Übungsbetrieb. Im Schadensfall helfen Mitglieder des Verbundes bei der Bergung und Erstversorgung, die anschließende Weiterbearbeitung ist nicht Aufgabe des Notfallverbundes. Für den Notfallverbund Bayern sollten möglichst große Einrichtungen gewonnen werden, die selbst eigene Werkstätten betreiben bzw. regelmäßig eigene Großprojekte im Bereich der Bestandserhaltung betreuen. Die Einrichtungen verfügen so über die nötige Fachkompetenz, um im Einsatzfall auch weitere Einsatzkräfte im fachgerechten Umgang mit zu bergendem oder bereits havariertem Kulturgut anzuleiten. Ebenfalls zentral war eine breite Kompetenzverteilung. Neben Archiven und Bibliotheken sind große Museen und mit der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen ein wichtiger kompetenter Repräsentant kleinerer Museen vertreten. Ob Urkunde, Buch, Gemälde oder Skulptur, für jede Art von Kulturgut sind Spezialisten mit an Bord.

Über die „Aufbauhilfe 2021“ unterstützt der Bund die 2021 von Hochwasser und Starkregen betroffenen Regionen beim Wiederaufbau und die dort beheimateten Kultureinrichtungen bei der Bewältigung entstandener Schäden. Aus den dafür bereitgestellten Mitteln werden insgesamt zehn Notfallcontainer mit Ausrüstung und Materialien für den Kulturgutschutz beschafft und für den bundesweiten Einsatz bereitgehalten. Übergeordnetes Ziel der insgesamt 10 über das Bundesgebiet zu verteilenden Container ist die Schaffung einer vernetzten Notfallinfrastruktur Kulturgutschutz, die auch zusammengezogen werden kann.

Für Bayern läuft derzeit die Fertigung eines Spezialcontainers nach dem Vorbild des bereits im Einsatz bewährten Abrollbehälters des Notfallverbundes Köln. Ab voraussichtlich Mitte 2025 steht dieser Abrollcontainer Kulturgutschutz an einem logistisch gut erreichbaren Standort im Raum München für den überregionalen Abruf über den Notfallverbund Bayern bereit. Die Alarmierung erfolgt über die Leitstellen der Feuerwehr, die finale Entscheidung, ob ein Anlass für eine Anforderung des Containers vorliegt, trifft der Notfallverbund Bayern. Über den Notfallverbund wird auch die Mannschaft des Containers – abgestimmt auf das jeweils betroffene Kulturgut – alarmiert.

 

Weitere Informationen:

Notfallverbünde in Deutschland.

Die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes (KEK) berücksichtigt die Notfallvorsorge in ihren Förderlinien und unterstützt etwa den Ankauf von Notfallboxen und anderen Ausrüstungsgegenständen oder die Ausarbeitung von Notfallplänen. Eine Übersicht bisher geförderter Projekte im Bereich Notfallvorsorge ist über die Homepage der KEK abrufbar.

Ebenfalls auf der Homepage der KEK bereitgestellt wird eine interaktive Übersichtskarte aller Notfallverbünde in Deutschland.

Der SicherheitsLeitfaden Kulturgut (SiLK) bietet Archiven, Bibliotheken und Museen mit einem kostenfreien Online-Tool die Möglichkeit, in einer Selbstevaluation das Sicherheitsniveau der eigenen Einrichtung zu erheben und Schwachstellen aufzudecken.

Die gemeinsamen Empfehlungen zum Notfallmanagement in Archiven und Bibliotheken der Bund-Länder-Gremien wurden 2024 neu gefasst und sind hier abrufbar.

 

Mehr Informationen zur Bestandserhaltung auch im Bereich Fachinformationen auf unserer Homepage.

 

BU 1: Unterzeichnung der Vereinbarung „Notfallverbund Bayern“ am 27. Juni 2024 in der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns. Auf dem Gruppenbild sind zu sehen (von links nach rechts): Dr. Dirk Blübaum und Simone Schön (beide: Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern); Archivdirektor Karsten Kühnel M.A. (Bundesarchiv-Lastenausgleichsarchiv); Prof. Dr. Johannes Merz (Archiv und Bibliothek des Erzbistums München und Freising); Eva Ortner M.A. (Doerner-Institut/Bayerische Staatsgemäldesammlungen); Dr. Laura Scherr und Dr. Bernhard Grau (beide: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns); Dr. Rolf-Dieter Jungk (Amtschef im Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst); Prof. Dr. Bernhard Maaz (Bayerische Staatsgemäldesammlungen); Dr. Frank Matthias Kammel (Bayerisches Nationalmuseum); Prof. Dr. Rupert Gebhard (Archäologische Staatssammlung); Dr. Klaus Ceynowa (Bayerische Staatsbibliothek); Kreisbrandrat Johann Eitzenberger (Vorsitzender des Landesfeuerwehrverbandes Bayern e.V.); Dipl.-Chem. Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Schwarz (Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration); Foto: Bayerisches Hauptstaatsarchiv.

BU 2: Abrollbehälter Kulturgutschutz des Notfallverbundes Köln; Foto: Stadtarchiv Köln.

 

Erstellt am 27.6.2024