Einleitung
1. Geschichte und Besitzgeschichte des Klosters Altomünster
Mangels originaler schriftlicher Quellen sind die Umstände der Gründung des Klosters in Altomünster (heute Lkr. Dachau), die sich näherungsweise um das Jahr 750 datieren lässt, nur undeutlich nachzuvollziehen. Der namensgebende Klostergründer und Heilige Alto wird in der einzigen zusammenhängenden Quelle über die Frühzeit, der Klostergeschichte Otlohs von St. Emmeram von ca. 1060, als irischer Missionar bezeichnet. Eine zeitgenössische Nennung als Zeuge in einer Freisinger Traditionsnotiz lässt ihn aber eher als Angehörigen der bayerischen Hochadelsfamilie der Huosi erscheinen.
Nach gut 300 Jahren kaum dokumentierten - die Urkunden- und Amtsbuchüberlieferung setzt erst Mitte des 13. Jahrhunderts ein - Klosterlebens organisierte Welf IV. (Als Welf I. bayerischer Herzog 1070-1077 und 1096-1101) in seiner Funktion als Vogt 1056 einen Tausch, der Altomünster einen Neuanfang bescherte: Im Gegenzug für die Aufbauarbeit der Mönche aus Altomünster bei der Neugründung des Klosters Weingarten in Altdorf (heute Weingarten, Lkr. Ravensburg) als welfischem Hauskloster wurde Altomünster von den bisherigen Altdorfer Benediktinerinnen übernommen. Die Klostervogtei geht spätestens mit dem Tod Welfs VI. an die Staufer, und mit dem staufischen Erbe an die wittelsbachischen Landesherren über.
In der Zeit der Teilherzogtümer ab 1392 gehörte Altomünster zunächst zum Ingolstädter Landesteil und ging nach dessen Ende 1448 an Bayern-Landshut über. Das 15. Jahrhundert ist eine Krisen- und Verfallszeit des Klosters, aber auch vom Bestreben nach Reform und Kontrolle im Sinne des landesherrlichen Kirchenregiments geprägt: 1469 wird ein landesherrlicher Güterverwalter eingesetzt. Nach dem Tod der letzten gewählten Äbtissin 1477 erfolgt keine neue Äbtissinnenwahl mehr. Die endgültige päpstliche Aufhebung des Benediktinerinnenklosters wird erst 1488 vollzogen, doch schon 1485 wird die Ansiedelung eines Doppelklosters des Birgittenordens (Ordo Sanctissimi Salvatoris, OssS) im Herzogtum mit päpstlicher Genehmigung ins Werk gesetzt. Die Wahl des Klosterortes fällt schließlich auf das heruntergewirtschaftete Altomünster. Maßgeblich daran beteiligt ist der Bayern-Landshuter Hofrat Wolfgang von Sandizell, der mit seiner Ehefrau Eva bereits 1481 in das Doppelkloster der Birgitten in Maihingen im Ries eingetreten war und in der Folgezeit als Klosteradministrator von Altomünster fungiert. Dem Ordensideal nach zunächst für 60 weibliche und 25 männliche Konventualen bestimmt, schwankte die tatsächliche Konventsgröße zwischen 38 und 67. Die ausgedehnte Grundherrschaft (insgesamt ca. 360 Hofstellen) konzentrierte sich vor allem rund um Altomünster selbst und innerhalb des ungefähr von Altomünster im Osten, Mammendorf im Süden und Mering und Friedberg im Westen eingerahmten Gebiets. Grundherrliche und Gerichtsrechte des Klosters im Markt Altomünster waren stets strittig, seit sich das ehemalige Klosterdorf im 14. Jahrhundert von der Klosterherrschaft emanzipiert und 1375 und 1391 Markt- und Stadtrecht mit Landstandschaft erhalten hatte. Die spätere Hofmark Alberzell hatte das Kloster bereits 1363 mit Niedergerichtsbarkeit erworben.
Bei der Säkularisation im März 1803 war der Konvent mit 50 Mitgliedern immer noch der größte im gesamten Kurfürstentum. 1841 wurde das Kloster als reines Frauenkloster des Birgittenordens wiederrichtet.
2. Überlieferung und Beständegeschichte
Der vorliegende Bestand umfasst, was sich von den Amtsbüchern und Akten, die beim Kloster im Zuge seiner eigenen Verwaltung angefallen sind, erhalten hat. Grundlage der Abgrenzung zu anderen Beständen ist die Provenienz, also der verwaltungsgeschichtliche Herkunfts- und Entstehungszusammenhang der Unterlagen. Das Kloster Altomünster betreffende, aber bei anderen Stellen entstandene Unterlagen sind deshalb auch in anderen Beständen zu suchen (siehe 4. unten).
Von den Urkundenbeständen abgesehen, die eine eigene Überlieferungsgeschichte haben, sind in der Zeit unmittelbar nach der Klosterauflösung zwei Arten von Unterlagen der Klosterarchive und der laufenden Verwaltung, aus je unterschiedlichen Gründen, als wertvoll und dauerhaft sicherungswürdig beurteilt worden:
Zum ersten diejenigen, die zentrale Rechtstitel und Besitzansprüche des Klosters dokumentieren und über die der bayerische Staat als Rechtsnachfolger deshalb dauerhaft verfügen können musste. Dazu gehören die Privilegiensammlungen, den Stand von Besitz und herrschaftlichen Rechten zusammenfassende Amtsbücher (hier vor allem die Serie der Urbare, 47 - 62). Die nach diesen Vorgaben, allerdings oft unter Zeitdruck und unsystematisch, ausgewählten Unterlagen gelangten sofort in das bayerische Geheime Landesarchiv, und wurden in dessen Nachfolge vom königlichen Reichsarchiv und dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv als Klosterliteralien Altomünster (KL ALTOMÜNSTER) verwahrt.
Zum zweiten diejenigen Unterlagen, die für die Abwicklung der Auflösung vor Ort, für die Bewertung des verwertbaren Klosterbesitzes und die Ausübung der auf den bayerischen Staat übergegangenen Verpflichtungen noch gebraucht wurden. Beispiele für diese Gruppe sind etwa die fragmentarische Serie der Klosterrechnungen (131 - 135), das Konvolut aus Briefprotokollen und Rechnungen der allerletzten Jahre des Klosters (136) sowie viele Akten zu einzelnen grundherrlichen Besitzungen. Diese Akten gingen auf die mit der Auflösung, Abwicklung, Verwertung und weiteren Verwaltung zuständigen staatlichen Stellen (Lokalkommissionen, Rentämter, Landgerichte (ä.O.), Generalkreiskommissariate / Regierungen der Kreise) über. Von dort gelangten sie im Laufe des 19. Jahrhunderts als Aktenabgaben in die Kreisarchive in München und, in einigen Fällen, Landshut. Es entstand daraus vor allem der aus Unterlagen verschiedenster Stellen formierte Aktenbestand Klosterliteralien Faszikel (KL FASZ.), der im Zuge der Beständebereinigung an das Bayerische Hauptstaatsarchiv abgegeben wurde, das für die Überlieferung aller altbayerischen Klöster zuständig ist.
Auch wenn diese Zusammenhänge die Ungleichgewichte in der Überlieferung, vor allem den großen mengenmäßigen Vorrang der grundherrlichen Verwaltung vor der Dokumentation des inneren Klosterlebens, ein Stück weit erklären können, muss die Überlieferungslage der Amtsbücher und Akten angesichts der historischen Bedeutung des Klosters insgesamt als schlecht bezeichnet werden.
3. Zum vorliegenden Findbuch
Im Rahmen des Praktikums zum Ausbildungskurs für den Gehobenen Archivdienst 2007/2010 haben die Archivanwärter Claudia Eikel, Bettina Knabl, Sabine Müller, Sebastian Sattler, Melanie Steinhäußer, Johannes Stoiber und Katharina Weber, betreut von Dr. Julian Holzapfl und Sandra Scharmüller (Akten) sowie Dr. Monika von Walter und Dr. Elisabeth Weinberger (Amtsbücher), den Bestand verzeichnet und die inhaltliche Gliederung in Grundzügen erarbeitet. Die für die Erstellung des vorliegenden Findbuchs noch nötige Vereinheitlichung, die Konkordanzen und den Findbuchdruck hat Dr. Julian Holzapfl besorgt.
Angesichts der sehr lückenhaften Überlieferung versucht der Bestandsaufbau bewusst keine Rekonstruktion der Klosterregistratur in ihrem Ordnungszustand vor 1803. Das Archivverzeichnis von 1757 (1) erfasst schwerpunktmäßig die Urkunden. Akten tauchen nur auf, soweit sie einschlägige Rechtstitel enthielten. Es eignet sich deshalb nicht als Grundlage für die Bestandsgliederung. Auch eine systematische Abgrenzung je eigener Bestandsabschnitte für Amtsbücher und für Akten wäre dem Bestand nicht gerecht geworden. Wie in klösterlichen Schriftgutverwaltungen häufig zu beobachten, wurde zeitgenössisch nicht klar zwischen Serien gebundener Amtsbücher und Ablagen lose zusammengefügter Akten unterschieden. Übergangs- und Zwischenformen, etwa zwischen lose gesammelten Privilegienabschriften und gebundenen Kopialbüchern, sind häufig. Dazu kommt, dass bei Restaurierungsarbeiten am Bestand KL Altomünster Anfang der 60er Jahre gleichzeitig auch Akten buchförmig gebunden wurden, was zwar an der archivalischen Typisierung der Stücke nichts ändert, andererseits aber eine äußerliche Einheitlichkeit geschaffen hat, hinter die man sinnvollerweise nicht zurückgehen kann. Auf eine weitere Trennung zwischen den verschiedenen Phasen der Klostergeschichte mit dem Stichjahr 1485 wurde ebenfalls verzichtet, da schon vor 1485 entstandene Unterlagen sich nur vereinzelt erhalten haben. Am sinnvollsten erschien also eine übergreifende inhaltliche Gliederung, die die verschiedenen Aufgabenbereiche schriftlicher Verwaltung so abbildet und zusammenführt, wie sie sich im überlieferten Material niedergeschlagen haben.
Eine letzte Besonderheit des vorliegenden Bestandes ist das gelegentliche Vorkommen von Grundleiheurkunden in den Akten. 1942 waren diese Urkunden für die Klosterurkundensammlung des späteren Staatsarchivs München entnommen worden, die inzwischen zuständigkeitsgemäß an das Bayerische Hauptstaatsarchiv abgegeben wurde. Im Zuge der Formierung des vorliegenden Bestandes wurde entschieden, sie wieder in den vorherigen Aktenzusammenhang zurückzusortieren. Vor allem drei Gründe waren dafür ausschlaggebend: Zum ersten handelt es sich nicht um Pergamenturkunden oder Urkunden mit abhängenden Wachssiegeln, die aus konservatorischen Gründen einzeln gelagert werden müssten. Zum zweiten bildet der Aktenzusammenhang auch den jeweiligen Sachzusammenhang ab, aus dem die Urkunden entstanden sind. Bei getrennter Aufbewahrung der Urkunden in einer chronologischen Reihe müsste dieser Kontext erst mühsam rekonstruiert werden. Zum dritten war die aktenförmige Bündelung und Aufbewahrung von in großer Zahl anfallenden Urkunden aus dem Bereich der Grundleihe, etwa Leihereversen, vom 16. bis zum 18. Jahrhundert weit verbreitet - im Unterschied zum Umgang mit Privilegien, die in eigene Urkundenarchive kamen. Die gewählte Form ist somit näher an der historischen Verwaltungspraxis. Um keine Erschließungsinformationen verloren gehen zu lassen, sind alle Altsignaturen der entnommenen Urkunden nachgewiesen, die Ausstellungsdaten sind weitgehend in die "Enthält"-Vermerke übernommen worden, und Kopien der im Zuge der damaligen Entnahme gefertigten Urkundenregesten liegen den Akten bei.
Die Konkordanzen im Anhang erlauben die Zuordnung von früheren Signaturen zu den gültigen Bestellnummer sowie die Auflösung vorläufiger Nummern, wie sie sich auf Entnahmezetteln und vermerken in den Altbeständen finden.
4. Ergänzende Bestände
Die wichtigste Ergänzung der Amtsbücher- und Aktenüberlieferung sind die Urkunden: Die etwa 660 Urkunden des Klosters Altomünster (Bestand KLOSTER ALTOMÜNSTER URKUNDEN) sind von Beginn der Überlieferung im Jahr 1256 bis ins Jahr 1559 durch moderne Regesten erschlossen (Repertorium 1908), über die späteren Urkunden liegt ein älteres Findbuch (Repertorium 1902) sowie eine Kartei (Repertorium 1909) vor. Der gesamte Urkundenbestand ist im Internet-Urkundenportal www.monasterium.net in digitalen Faksimiles einsehbar.
Im Rahmen des DFG-Projekts "Schriftlichkeit in süddeutschen Frauenklöstern" wurde gleichzeitig mit der archivalischen Überlieferung bis zum Jahr 1550 die parallele Handschriftenüberlieferung des Klosters in der Bayerischen Staatsbibliothek bearbeitet und steht in digitalisierter Form als Teil der digitalen Sammlungen der Bayerischen Staatsbibliothek (http://www.digitale-sammlungen.de) zur Verfügung.
Zusätzlich kann die Überlieferung der mit dem Kloster befassten landesherrlichen Zentralbehörden herangezogen werden: Im Bestand KURBAYERN GEISTLICHER RAT, AUFSICHT ÜBER DIE KLÖSTER (Datenbankrecherche, zu bestellen über den jeweiligen Bearbeiter) finden sich ca. 50 Archivalien. Schwerpunkte sind die Aufsicht über die Wahl der Äbtissinnen, die Aufnahme von Novizinnen und Novizen und das gesamte Klosterpersonal sowie die Klosterfinanzen. Zu den Klosterfinanzen sind auch bei der kurbayerischen Hofkammer einige Akten angefallen (Bestand KURBAYERN HK ARCHIVALIEN, Repertorium 205, vor allem Nummern 1360-1371). Wichtige Unterlagen des kurbayerischen Hofrats zum Kloster, vor allem zu den landesherrlichen Privilegien und zum Rechtsstatus, aber auch zu Steuer- und Besitzfragen, sind in den historischen Archivbestand des Äußeren Archivs eingegangen (Bestand KURBAYERN ÄUSSERES ARCHIV, Repertorium 92 bzw. digitales Findbuch unter www.gda.bayern.de/findmittel/, Nummern 4871/1-4871/20). Unterlagen zum Verhältnis der landesherrlichen Amtleute vor Ort zum Kloster, vor allem zu Grundherrschaft und Grunduntertanen sowie zu Kompetenzstreitigkeiten der niederen Gerichtsbarkeit, sind über die Bestände zu den ehemaligen kurbayerischen Pfleggerichten als lokalen Gerichts- und Verwaltungsbehörden zu suchen. Einschlägig ist vor allem der Bestand GL AICHACH (Repertorium 3359) mit den zentralen älteren Amtsbüchern sowie GL Faszikel 153-220 (Repertorien 3367 und 3387) und 528-653 (Repertorium 3368) mit der umfangreichen Aktenüberlieferung. Für die klostereigene Hofmark Alberzell sind zusätzlich GL SCHROBENHAUSEN (Repertorium 3362), GL Faszikel Nr. 3603-3643 (Repertorium 3376) und KURBAYERN HOFKAMMER, HOFANLAGSBUCHHALTUNG Nr. 243 u. 498 (Repertorien 207-209) heranzuziehen. Es handelt sich dabei überwiegend um Unterlagen, die nicht bei den Unterbehörden selbst, sondern bei Münchner Zentralbehörden angefallen sind, sich aber inhaltlich auf deren Amtsbezirke beziehen. Diese Bestände sind deshalb langfristig zur Auflösung und zur Neuordnung nach den historischen Behördenprovenienzen bestimmt. Auf bereits für andere Bestände entnommene Stücke wird in den Findbüchern hingewiesen. Die tatsächlich bei den Pfleggerichten vor Ort entstandenen Unterlagen werden zuständigkeitshalber vom Staatsarchiv München verwahrt.
Umfangreiche Unterlagen sind dann im Zuge der Säkularisation des Klosters 1803 und der Verwaltung und Verwertung des Klosterbesitzes bis 1814 angefallen: Rund 125 einschlägige Akten finden sich im Bestand KURBAYERN, LANDESDIREKTION VON BAIERN IN KLOSTERSACHEN (Datenbankrecherche, zu bestellen über den jeweiligen Bearbeiter). Der Bestand KLOSTERLITERALIEN FASZIKEL (Repertorium 1869, für Altomünster einschlägig: Fasz. Nr. 41-47) bleibt mit einem Restbestand an Akten verschiedener Landesbehörden ebenfalls bis auf weiteres bestehen, ist aber für die endgültige Auflösung in den kommenden Jahren vorgesehen.
München, Dezember 2010
J. Holzapfl