Deutscher Orden
Weitgehende Säkularisation (1806) und definitive Aufhebung (1809) des 1190 vor Akkon im Heiligen Land gegründeten und seit Beginn des 13. Jahrhunderts in Franken vertretenen Deutschen Ordens komplizierten die schon bis dahin diffizile Überlieferungsgeschichte weiter. Denn bereits 1789 war bei der Inkorporation der Ballei Franken in das Hoch- und Deutschmeistertum Schriftgut aus den nachmalig bayerischen Gebieten nach Mergentheim gekommen und mit dortigem Archivgut vermischt worden. Mit der Übernahme des Mergentheimer Archivs durch das Königreich Württemberg 1810 wechselte auch die fränkische Überlieferung den Besitz.
Das Schriftgut der 1806 an das Königreich Bayern gekommenen Deutschordenskommenden in Mittelfranken (Landkommende Ellingen mit Ämtern Absberg, Ederheim, Lierheim, Mühlauhof, Reimlingen mit Nördlingen; Kommende Nürnberg mit Spitalamt und Ämtern Dinkelsbühl, Erzberg, Eschenbach, Halsbach, Postbauer und Schneidheim; Kommende Virnsberg mit Amt Ickelheim) fand sich somit aufgrund der Überlieferungsgeschichte in ganz unterschiedlichen Archiven und Beständen, so dass eine Rekonstruktion und Zusammenführung notwendig wurde. In mehreren pertinenzbezogenen Abgaben Württembergs an Bayern gelangte Archivgut von Mergentheim (und Stuttgart) nach Dillingen und München. Nach dem Umzug des Dillinger Archivs nach Neuburg wurde 1896 umfangreiche Überlieferung an das Staatsarchiv Nürnberg abgegeben. Diese bildete den Grundstock des Bestands "Deutscher Orden Archivalien", der durch Unterlagen aus Abgaben der für den jeweiligen Kommendesitz zuständigen bayerischen Nachfolgebehörden (Regierung von Mittelfranken, Bezirks- und Rentämter etc.) ergänzt wurde. (Schriftgut der Kommende Nürnberg wurde im 19. Jh. auch zur reichsstädtischen Überlieferung gezogen; s. oben Ziff. I 1). Hinzu kamen die Akten und Amtsbücher der und bezüglich der genannten Kommenden, die im 19. Jh. nach Ortspertinenz vom Königreich Württemberg (s. oben) an das damalige Königliche Allgemeine Reichsarchiv in München abgetreten worden waren ("Deutschorden Literalien", rund 4100 Archivalieneinheiten). Sie wurden 1997 vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv an das Staatsarchiv Nürnberg zur Provenienzanalyse abgegeben, ebenso wie die wichtige Überlieferung der Deutschordensurkunden (Ritterorden Urkunden).
2001 bis 2011 wurde schließlich die innerbayerische Bereinigung durch Abgaben aus Amberg (200 AE), Augsburg (Nachfolger Dillingens, 1556 AE), Würzburg (220 AE) und dem Hauptstaatsarchiv (570 AE) nach Nürnberg sowie umgekehrt weitestgehend abgeschlossen. Nach München wurden dabei die Überlieferung zu den im Gebiet des Bayerischen Reichskreises gelegenen Kommenden Blumenthal (mit Kastenamt Weil), Donauwörth, Gangkofen und Regensburg sowie des pfälzischen Speyer abgegeben, nach Augsburg kam Archivgut der Kommende Oettingen und nach Würzburg der dortigen Kommende.
Das Schriftgut des Deutschen Ordens wurde in den Jahren 2000 bis 2011 auf der Grundlage der Verwaltungsgliederung vor 1789 (Eingliederung der Ballei Franken in das Hoch- und Deutschmeistertum zu Mergentheim) provenienzgerecht rekonstruiert, wobei für die Zuordnung des Schriftguts zu einem Staatsarchiv der Sitz der jeweiligen Kommende entscheidend war. Nachgeordnete Ämter folgen dabei den Kommenden. Formiert werden konnten im Staatsarchiv Nürnberg somit folgende Bestände: Landkommende Ellingen (4486 AE, Laufzeit 1235–1808) sowie dieser unterstellte Ämter Absberg (78 AE, 1541–1808), Ederheim (54 AE, 1623–1805), Hürnheim-Niederhaus (90 AE, 1709–1806), Lierheim (263 AE, 1541–1811), Mühlauhof (51 AE, 1709–1806), Nördlingen (228 AE, 1549–1807) und Reimlingen (68 AE, 1527–1809). Zur Kommende Nürnberg (182 AE, 1343–1808) gehörten die Ämter Dinkelsbühl (200 AE, 1530–1808), Eschenbach (4455 AE, 1355–1805), Postbauer (66 AE, 1549–1806) und Schneidheim (23 AE, 1263-1808) sowie die "Ämtlein" Erzberg, Halsbach und Weidelbach (insgesamt 106 AE, 1461-1807). Der Kommende Virnsberg (309 AE, 1430–1809) war das Amt Ickelheim (142 AE, 1377–1807) zugeordnet. Als Lagerungsselekte sind schließlich die Bestände Ritterorden Urkunden (4875 AE, 1212–1805) sowie Deutscher Orden, Karten und Pläne (388 AE, 1574-1804) zu nennen.
Ergänzend ist auf das Privatarchiv der Fürsten von Wrede hinzuweisen, denen 1815 Ellingen als königliches Lehen verliehen wurde. Es wird z.T. als Depot im Staatsarchiv Nürnberg aufbewahrt. Darin finden sich rund 400 AE vor allem Ellinger Provenienz.
Das im 19. Jahrhundert nach Bayern gelangte Schriftgut des Meistertums zu Mergentheim mit den Provenienzen Regierung, Hofkammer, Amt Gelchsheim u.a. wurde zunächst im Staatsarchiv Nürnberg zusammengeführt. Dessen Abgabe nach Baden-Württemberg im Rahmen des begonnenen, aber später ins Stocken geratenen Archivalienaustauschs ist ebenso vorgesehen wie für die Überlieferung anderer in Baden-Württemberg gelegener Kommenden (Heilbronn, Kapfenburg, Ulm mit Amt Zöschingen). Im Staatsarchiv Ludwigsburg werden im Gegenzug Bestände mittelfränkischer Provenienz verwahrt.
Der Umfang des gesamten z. Zt. im Staatsarchiv als Deutschordensarchivalien verwahrten Schriftguts beträgt ca. 185 lfm. Der Bestand ist komplett erschlossen, und über Datenbank sowie Internet recherchierbar.