Geschichtlicher Überblick
Das Staatsarchiv Würzburg ist aus dem Archiv der Würzburger Bischöfe bzw. ihres 1802/03 säkularisierten geistlichen Staates (Hochstifts) Würzburg hervorgegangen. Aus dem Dombereich, wo es ursprünglich angesiedelt war, wanderte das fürstbischöfliche Archiv im 13. Jahrhundert auf den Marienberg. Das im Schoder- oder Randersackerer Turm der Festung Marienberg untergebrachte Archiv wird in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, während der Amtszeit des Archivars und Chronisten Lorenz Fries, in seinen Bestandteilen genauer fassbar. 1764 wurde es in das Archivgewölbe der zwei Jahrzehnte zuvor vollendeten Würzburger Residenz verlegt. Säkularisation und anschließende politische Veränderungen machten es 1802/03 zum kurbayerischen, 1806 zum großherzoglich würzburgischen und 1814 erneut zum bayerischen - jetzt königlich bayerischen - Archiv. Mit der Säkularisation des Hochstifts Würzburg fiel nicht nur das in der Residenz befindliche Archiv, sondern darüber hinaus das gesamte noch bei Behörden, Ämtern und Gerichten des aufgehobenen Hochstifts überlieferte Schriftgut, ebenso das Schriftgut des Domkapitels und der Stifte, Klöster und sonstigen Institutionen in und außerhalb der Stadt Würzburg in bayerische Hand. Bedeutenden Archivalienzuwachs erhielt das Königreich Bayern 1814 am Untermain durch Erbschaft aus dem Dalbergstaat (1803 für den letzten Mainzer Erzbischof Karl Theodor von Dalberg als "Erzkanzlerischer Kurstaat" gebildet, bestehend aus dem Fürstentum Aschaffenburg [Teile des vormaligen Oberen Mainzer Erzstifts, nämlich Vizedomamt Aschaffenburg, verschiedene mainzische Ämter sowie das Würzburger Amt Aura], dem Fürstentum Regensburg [Reichsstadt und Hochstift, Mainzer erzbischöflicher Stuhl hierher verlegt] und Wetzlar; 1810 nach der Abtretung Regensburgs an Bayern und nach dem bereits 1806 angefallenen Frankfurt in das "Großherzogtum Frankfurt" unter Einschluss der Fürstentümer Hanau und Fulda umgewandelt, 1814 aufgelöst). Da Aschaffenburg dem Mainzer Kurstaat in der Franzosenzeit als Fluchtstätte für seine Archive gedient hatte, gewann das Königreich 1814 nicht nur das auf bayerisch gewordene Landesteile bezügliche Schriftgut, sondern darüber hinaus die Masse der archivalischen Überlieferung zentraler Ebene des alten Kurstaates überhaupt, abgesehen freilich von dem Mainzer Reichs- oder Erzkanzlerarchiv, das in die Treuhandschaft Österreichs als der Präsidialmacht des Deutschen Bundes gelangte (heute: Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien). Weiteres Schriftgut ehedem kurmainzischer Gebiete fiel 1816 durch Angliederung der Ämter Miltenberg und Alzenau an Bayern. Wertvolles Archivgut wurde von der mediatisierten Reichsstadt Schweinfurt und dem säkularisierten Hochstift Fulda übernommen. Das Schweinfurter Schriftgut wählte sich das Königreich Bayern nach dem Anfall der Stadt 1814 aus deren Archiven aus ("dasjenige, was sich in Bezug auf die älteren Verhältnisse gegen Kaiser und Reich, auf die Landes- und Territorialhoheit, auf die Gränz- und andere Differenzen mit den Nachbarstaaten, auf Kirchenverfassung und Lehenwesen ... vorfand"). Schriftgut der ehemaligen Abtei Fulda (1752 zum Fürstbistum erhoben) erwuchs dem Würzburger Archiv 1816 durch den Anfall der Ämter Hammelburg und Brückenau sowie von Teilen der Ämter Weyhers und Bieberstein (letztere 1866 an Preußen abgetreten) an Bayern. Das sich bald über weite Teile des Nordflügels der Residenz ausbreitende Archiv erhielt 1852 die Bezeichnung "Archivkonservatorium" und wurde wie alle regionalen bayerischen staatlichen Archive 1875 in "Kreisarchiv" und 1921 in "Staatsarchiv Würzburg" umbenannt. Der Zweite Weltkrieg schlug dem Archiv schmerzliche Wunden. Von dem auf 29 Ausweichlager verteilten Archivgut gingen die im Schloss Wässerndorf bei Seinsheim ausgelagerten Bestände beim Einmarsch der Amerikaner am 5. April 1945 in Flammen auf. Das in der Residenz zurückgebliebene Archivgut war kurz zuvor dem verheerenden Luftangriff der British Airforce auf Würzburg am 16. März 1945 nahezu vollständig zum Opfer gefallen. Der Wiederaufbau des Archivs in der Nachkriegszeit zog sich bis gegen Ende der 60er Jahre hin. Seit 1976 besitzt das Staatsarchiv ein zusätzliches Magazingebäude auf der Festung Marienberg. 1993 konnte das Staatsarchiv seine im 19. Jahrhundert an das damalige Allgemeine Reichsarchiv in München abgegebenen Urkunden vor 1401 vom Bayerischen Hauptstaatsarchiv wieder in Empfang nehmen.