Traditionsnotiz über die Güterübertragung des Edlen Rudolf an den Bischof von Passau, 9. Jahrhundert (vermutl. Passau)
- unbekannter Schreiber 1 (S1)
- unbekannter Schreiber 2 (S2)
Der verwendete Schrifttyp entspricht in weiten Teilen der karolingischen Minuskel, der Standardschrift eines Klosterskriptoriums zwischen dem 9. und dem 12. Jahrundert. Allerdings hat der Schreiber auch Schriftelemente verwendet, die man aus den Urkunden der Herrscherkanzleien kennt: Schleifen an den Oberlängen von s und f und Buchstabenverbindungen vor allem bei st. Es ist ist nicht unmöglich, dass für das Rechtsgeschäft tatsächlich eine Vorgängerurkunde existierte. Vielleicht möchte der Schreiber aber auch nur etwas von der machtvollen Aura der Herrscherurkunden in das Traditionsbuch bringen, das für die kirchliche Gemeinschaft in den ersten Jahrhunderten schließlich das zentrale Dokument war. An der Schriftgestaltung merkt man aber auch, dass das Buch tatsächlich zum Nachschlagen benutzt wurde: An den Seitenrändern wurde die Traditionsnotiz mit Vermerken zum leichteren Auffinden von Orts- und Personennamen versehen.
Typisch für das Latein des frühen und hohen Mittelalters ist die Verwendung von gräzisierenden "Nomina Sacra"-Abkürzungen (für episcopus(Textzitat), Christianus(Textzitat)), aber auch vom klassischen Latein abweichende Schreibungen wie hier karitati(Textzitat) (statt klassisch caritati) sind keine Seltenheit.