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BayHStA, Bayerische Gesandtschaft Päpstlicher Stuhl 854, Produkt 17
Kommentar
BayHStA, Bayerische Gesandtschaft Päpstlicher Stuhl 854, Produkt 17
Konzept für ein Schreiben des bayerischen Gesandten am päpstlichen Stuhl, 1892 Dezember 24 (Rom)

Archivaliengattung: Akt
Schwierigkeitsgrad: schwer
Hier wird ein Konzept für ein Schreiben des bayerischen Gesandten am päpstlichen Stuhl, Anton Wilhelm von Cetto, gezeigt, in dem dieser über die mögliche Erhebung des bayerischen Jesuitenpaters Andreas Steinhuber zum Kardinal und deren politische Bedeutung berichtet.

Das Konzept ist in humanistischer Kursive halbbrüchig auf Papier geschrieben, es enthält einige Streichungen und Korrekturen. Einige Zeilen wurden auf der linken Blattseite geschrieben und durch Linien jeweils die Stelle bestimmt, an der sie eingefügt werden solle– in der Entzifferung werden diese Nachträge gesondert am Ende wiedergegeben, in der Transkription an den entsprechenden Stellen eingefügt.
Die Handschrift Cettos ist stark rechtsgeneigt, die Buchstaben sind sehr schmal ausgeführt, so dass bei a(Textzitat), c(Textzitat), e(Textzitat), i(Textzitat), o(Textzitat), r(Textzitat) und s(Textzitat) manchmal kaum mehr als ein Schaft im Mittelband zu erkennen ist. Da zudem oft der i(Textzitat)-Punkt fehlt, ist die Unterscheidung dieser Buchstaben häufig nur aus dem Zusammenhang möglich. Bei etwas breiterer Schreibweise können a(Textzitat) und o(Textzitat) auch offen und dem u(Textzitat) sehr ähnlich sein, das auch nicht durch diakritisches Zeichen gekennzeichnet wird (z.B. Z. 21: Consultars(Textzitat)). Am Wortende wird die Feder meist etwas nach oben geführt und der Strich leicht verdickt oder in einem kleinen Häkchen wieder nach unten gezogen (besonders deutlich bei und(Textzitat) in Z. 10 oder Z. 4: bayerischen(Textzitat), Z. 28: wuerde(Textzitat) Z. 52: kirchlichen(Textzitat)) – dieser Endstrich könnte als Schaft in Mittelband missverstanden werden.
Auch Buchstaben mit Oberlänge sind nicht immer deutlich zu unterscheiden (vgl. z.B. das zweite b(Textzitat) und h(Textzitat) in Z. 2: beabsichtigte(Textzitat)). Die sehr langen t(Textzitat)-Balken sind weit oben angebracht, oft berühren sie die Schäfte nicht einmal. Bei mehreren t(Textzitat) in einem Wort wird der Balken gelegentlich auch über die dazwischenliegenden Buchstaben gezogen (z.B. Z. 10: hochgestellten(Textzitat)). Das große S(Textzitat) am Wortanfang ist nicht immer so deutlich ausgeführt wie in Z. 5 (Steinhuber(Textzitat)), sondern erscheint ebenso als einfacher Schaft mit Oberlänge, der nur aus dem Zusammenhang richtig zu entziffern ist (z.B. Z. 9: Seitens(Textzitat)). Das g(Textzitat) ist meist nur undeutlich als einzelner Schaft in Mittelband und Unterlänge ausgeführt (vgl. Z. 22: Congregationen(Textzitat), deutlich dagegen in Z. 8: Zufolge(Textzitat)), der Großbuchstabe hat dagegen keine Unterlänge (vgl. Z. 20: Germanicum(Textzitat)).
Umlaute werden nicht mit zwei übergeschriebenen Punkten, sondern mit nachgestelltem e(Textzitat) (ae(Textzitat), oe(Textzitat), ue(Textzitat)) dargestellt.
Die Korrekturen und Einfügungen sind nicht immer übersichtlich, so ließ Cetto an zwei Stellen Worte ungetilgt stehen, die durch die Korrekturen eigentlich überflüssig geworden waren (Z. 30 bzw. 50: eine(Textzitat) und Z. 45: Interessen seines Ordens(Textzitat)).
Entzifferung

(Absatz Beginn)
N(umer)o 81. Pol(itisch)        Rom, 24. Dezember 1892 [Betreff oben links:] 
Die angeblich beabsichtigte
Erhebung des Jesuiten-(getilgt)
paters(getilgt) bayerischen 
Jesuitenpaters Andreas
Steinhuber zum
Cardinalate. [rechte Seite:]
Zufolge einer
mir von(getilgt) Seitens eines
10 hochgestellten und ge-
11 woehnlich gut unter-
12 richteten Praelaten soeben
13 gemachten M(getilgt)a) vertraulichen 
14 Mittheilung geht der(getilgt)
15 steht die Erhebung im
16 naechsten Consistoriumb)
17 des bayerischen Staats-
18 angehoerigen, vormaligen
19 Rektors des Collegium
20 Germanicum und dermaligen
21 Consultars verschiedener
22 roemischer Congregationen
23 Jesuitenpaters Andreas
24 Steinhuber zumc) Cardi-
25 nalate in Aussicht.
26 Nach dem Dafuer-
27 halten meines Informanten
28 wuerde in der Verleihung
29 des Purpurs an Pater
30 Steinhuber weniger eine
31 beabsichtigte(getilgt) Auszeichnung(getilgt)
32 des deutschen Clerus als(getilgt)
33 das Bestreben, den Ein-
34 fluss der(getilgt) Jesuitenordens(getilgt)
35 im(getilgt) Cardinalscollegiumsd)
36 durch das Heran(getilgt)beiziehen
37 eines diesem(getilgt)jenem Orden
38 angehoerigen ganz beson-
39 ders gelehrten und ausge-
40 zeichneten Theologen
41 zu staerken, zu erblicken(getilgt)
42 sein(getilgt)
43 Pater Steinhuber
44 wird gewiss suchen(getilgt) die(getilgt)
45 Interessen seines Ordens
46 moeghlichste) zu foerdern
47 und demselbenihm(getilgt) eine dominirende
48 Stellung(getilgt) auch in Deutsch(getilgt)
49 land zu sichern erwerben,(getilgt) [Korrekturen auf der linken Blattseite:] 
50 eine ausdruecklich beabsichtigte
51 Auf(getilgt)Ermunterung der extremen 
52 kirchlichen Richtung in Deutsch(getilgt)Bayern
53 land(getilgt) zu erblicken sein, als
54 zu erblicken sein, als(getilgt)
55 der Gesellschaft Jesu
56 innerhalb des
57 noch mehr
58 auch als Cardinal
59 dahin wirken wollen,
60 die Interessen und die Macht
61 seines Ordens
62 Stellungf) gleichfalls in
63 Bayern und in Deutschland
64 zu sichern. (Absatz Ende)

          
    a) angesetzt zu M(Textzitat)[ittheilung(Textzitat)], aber M(Textzitat) nicht vollständig ausgeführt
    b) C(Textzitat) in Consistorium(Textzitat) gebessert
    c) m(Textzitat) in zum(Textzitat) gebessert
    d) s(Textzitat) am Ende von Cardinalscollegiums(Textzitat) nachträglich angefügt
    e) Lesung des h(Textzitat) zwischen g(Textzitat) und l(Textzitat) in moeghlichst(Textzitat) unsicher, vielleicht aus einem anderen Buchstaben gebessert oder getilgt
    f) der t(Textzitat)-Balken in Stellung(Textzitat) fehlt