< Digitale Schriftkunde

Bild | Kommentar | Entzifferung | Transkription | Text-Bild-Verknüpfung | Schreiberhände
BayHStA, Reichsstadt Regensburg Urkunden 226/I
Kommentar
BayHStA, Reichsstadt Regensburg Urkunden 226/I
Kaiser Ludwig der Bayer kassiert eine Urkunde, 1316 Juli 17 (Regensburg)

Archivaliengattung: Urkunde
Schwierigkeitsgrad: mittel
Ludwig der Bayer - hier noch als römisch-deutscher König - kassiert eine Urkunde bezüglich der Pfändung von Regensburger Bürgern durch die Stadt Nürnberg, die irrigerweise und ohne sein Wissen ausgestellt worden war. Die Urkunde wurde vierfach ausgefertigt, je zweimal in deutscher und zweimal in lateinischer Sprache, und je einmal mit dem kleineren Sekret- und dem großen Thronsiegel beglaubigt.

Die markante Ausprägung einer gotischen Urkundenminuskel, wie sie im vorliegenden Stück geschrieben wird, mit dem kleinen g, den dolchförmigen Unterlängen von s und f und den segelförmigen Schleifen bei b und l hat der Paläograph Walter Heinemeyer als "Trecento I" bezeichnet. Sie wurde in besonders typischen Ausprägungen in der Kanzlei Ludwigs des Bayern geschrieben.

Das Schriftniveau kann man als gehoben und sorgfältig, aber nicht herausragend bezeichnen. Kürzungen werden routinemäßig verwendet, trotzdem ist die Entzifferung mit etwas Übung noch problemlos. Typisch für Schriften des 14. und 15. Jahrhunderts ist, dass der Unterschied zwischen c und t oft undeutlich ist, graphisch wie sprachlich, insbesondere in der Silbe -ti.

Prachtvolle Zierausstattung, wie man sie von einigen Urkunden Ludwigs des Bayern kennt, fehlt bei diesem Stück völlig. Es ist ein Alltagsdokument aus der Zeit, in der Urkundenkanzleien ihren Ausstoß bereits deutlich steigerten, auf dem Weg zur ausgesprochenen Massenproduktion des 15. und 16. Jahrhunderts.
Entzifferung

(Absatz Beginn)
Ludowicus dei gr(ati)a Romanor(um) Rex semp(er) Augustus Vniuersis sacri Romani Imp(er)ii fidelibus/ presentes
litt(er)as insp(ec)turis. gr(ati)am suam/ et om(n)e bonum. Veritatem reruma)  gestorum  erroribus/ iuxta sacrar(um) legum
sancc(i)o(n)esb) . non conuenit viciari. Litteram quandam/ que a Cancellaria nostra emanauit. pro Prudenti
bus viris Ciuib(us) Nuerembergen(sibus). super inpignorac(i)o(n)ibus quibusdam/ conmittendis. ac p(er)missis/ aduersus P(r)v/
dentes viros. Ciues Ratisponen(ses). in qua error expresse comp(er)tus est. sic/ quod aliter q(uam) intenc(i)o(n)is n(ost)re
extitit/ pre(ter) nostram sc(ient)iam data fuit. decernimus care(re) om(n)i robore firmitatis. Pronunciantes
om(n)ia/ et singula/ que per eam acta sunt/ vel fieri possent inantea/ nulla fuisse/ ac esse. inania/ et
irrita ip(s)o facto. In cuius Rei testimonium presentes conscribi. et n(ost)re maiestatis sigillo iussimus/
conmuni(ri). Dat(um). Ratispone. xvio k(a)l(e)n(das). Augusti. Anno dom(in)i. Mo. cccooc) . sextodecimo. Regni v(er)o
10 n(ost)ri Anno s(e)c(un)do-- (Absatz Ende)

          
    a) Die Schleifen über dem Wort dienen der Verzierung dar, vgl. auch die Verzierungen über fuit(Textzitat) in Zeile 6 oder über irrita(Textzitat) in Zeile 8.
    b) Für sanctiones(Textzitat). Häufig setzt der Schreiber aber ein c(Textzitat) für ein t, besonders im Fall der Silbe -tionis/-tionibus, z. B. auch in inpignoracionibus(Textzitat) in Zeile 4 oder in intencionis(Textzitat) in Zeile 5. Siehe auch den Kommentar zum Stück.
    c) Irrtümlicherweise hat der Schreiber hier ein o(Textzitat) zuviel gesetzt.